Zum Abschluss der
diesjährigen lit.COLOGNE fand am 23. März 2003 im Kölner LimeLight im Rahmen einer feierlichen Abendgala erstmalig die
Verleihung des Deutschen Hörbuch Preises statt. Verleiher dieser
Auszeichnung sind der WDR und der WWF. Der Preis wurde mit einem
Preisgeld von insgesamt 20.000 Euro dotiert und in fünf
Kategorien verliehen: bestes Hörbuch, beste Unterhaltung, beste
Innovation, beste Interpretation und beste Information. Die
Auswahl der Sieger fand über eine Fach-Jury statt. Dies hebt den
Deutschen Hörbuch Preis deutlich von anderen Auszeichnungen, wie
z. B. dem HörKules aber, der kurz zuvor zum dritten Mal auf der Leipziger
Buchmesse verliehen wurde. Beim Deutschen Hörbuch Preis kann
jeder Verlag fünf Produktionen einsenden, die von den
Jury-Mitgliedern, bevor sie ihren Favoriten benennen, gehört
werden. |

LimeLight in Köln |
Dieses
Auswahlverfahren bietet einen positiven Kontrast zu dem anderer
Auszeichnungen, wie z. B. dem HörKules, bei dem die Hörer
letztendlich entscheiden, welches Hörbuch die Ehrung erhält.
Bei dem Deutschen Hörbuch Preis wird mit dem Auswahlverfahren
durch eine Fach-Jury das Ziel verfolgt, Hörbücher von besonderer
Qualität auszuzeichnen und somit Hörern eine Orientierungshilfe
zu bieten und als Ansporn für qualititativ hochwertige
Produktionen zu dienen und bildet damit eine gelungene Ergänzung
zu bereits vorhandenen Auszeichnungen.
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Moderation:
Denis Scheck |
Die Preisverleihung,
die in ein kulturelles Programm mit dem Motto "Stimmen"
eingebunden war, in dem u. a. der Kabarettist Michael Quast, das A Capella-Duo "Art of Mouth"
und eine Performance-Gruppe unterhaltsame Einlagen
boten und die WDR Big Band für musikalische Unterhaltung sorgte,
wurde live im WDR 5 übertragen. Moderiert wurde die
Preisverleihung von Denis Scheck. Im Publikum fanden sich eine
Vielzahl von prominenten Gästen, wie z. B. Matthias Koeberlin,
der Hauptdarsteller der Verfilmung von "Das
Jesus Video", welches auch als Hörbuch - mit dem
Schauspieler als Sprecher - produziert und für den Deutschen
Hörbuch Preis in der Kategorie "Beste Unterhaltung"
nominiert wurde. |

WDR Big Band

A Capella-Duo "Art of Mouth"
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Der
Preis für diese Kategorie ging jedoch an Ulrich Matthes für
seine Darbietung von Vladimir Nabokovs "Pnin",
erschienen bei der hoerverlag. Überreicht wurde die
Auszeichnung von Cordula Strattmann, bekannt durch die Sendung
"Zimmer frei". Preisträger Ulrich Matthes zeigte sich
erstaunt über die Kategorie, in der er mit dem Preis geehrt wurde. Nabokov und "Beste Unterhaltung" -
so sollte man meinen - beiße sich. |

Ulrich Matthes |
Doch schon
Bernhard Shaw - so erklärte Matthes - soll über die Aufführung
von "Hamlet", die er besucht hatte, gesagt haben, er
habe drei Akte lang gelacht. Dies ist sicher ein großes
Kompliment, sowohl an Shakespeare als auch an die Aufführung, die
Shaw gesehen hat. In diesem Fall aber gilt die Ehre Ulrich
Matthes, dem es mit dieser Lesung bestens gelungen ist, Spaß,
Freude und Genuss an klassischer Literatur zu vermitteln. Einen
kleinen Eindruck davon vermittelte dem Publikum die kurze
Einspielung einer Stelle aus dem Hörbuch. |

Vladimir Nabokov
"Pnin" |
In der
Kategorie "Beste Information" wurde von
Laudatorin Sonia Mikich der Preis an Gabriele Neumann und
den Regisseur Hans Drawe überreicht. Die Auszeichnung
erhielten sie für ihr Wirken an der Hörbuchproduktion
"König der Könige - Eine Parabel der Macht".
Gabriele Neumann für die Bearbeitung und Hans Drawe für
die Inszenierung von Ryszard Kapuscinskis mit vielen
Preisen ausgezeichneten Buchs über den äthiopischen
Herrscher Haile Selassie. Erschienen ist das Hörbuch bei
Lido / Eichborn. Eine Inszenierung ohne Spektakel und
Effekte, und dennoch mit viel Atmosphäre - so die Jury. |
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Sonia Mikich, Hans Drawe und
Gabriele Neumann |
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Urs Engeler
"Fümms
bö tää zää Uu" |
Die Ehrung für die
"Beste Innovation" überreichte Roger Willemsen und ging an Urs Engeler für seine
konsequente Umsetzung von "Fümms bö tää zää Uu -
Stimmen und Klänge der Lautpoesie". Eine gewagte Kategorie,
die durchaus Beachtung verdient. Dies ist, so erklärte Engeler,
ein Buch mit CD, so dass gleichzeitig die gehörten Laute gelesen
werden können. Er nennt das Kompaktbuch. Vorgeschlagen zur Nominierung war
u. a. auch "Muttersterben"
von Michael Lentz.
Ein wahres Highlight des Abends
stellte die Verleihung des Deutschen Hörbuch Preises in der
Kategorie "Beste Interpretation" dar, den Senta Berger
für ihre Interpretation von Arthur Schnitzlers "Fräulein
Else" erhielt. |

Laudator: Christian Brückner

Christian Brückner überreicht Senta
Berger den Preis
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Überreicht wurde er
von Christian Brückner - bekannt als Schauspieler, Synchronstimme
von Robert de Niro, Sprecher in unzähligen Hörspiel- und
Hörbuchproduktionen und Verleger des Labels Parlando; aus diesem
Verlag war auch die Produktion "The
Attack", in der Kategorie "Beste Information", für den Deutschen Hörbuch Preis
nominiert. Doch nicht nur die
Präsenz dieser beiden Persönlichkeiten sorgten im Publikum für
großen Beifall, sondern vor allem auch Senta Bergers großartiger
Vortrag aus "Fräulein Else", den sie live vortrug. Das
vor ihr liegende Exemplar von Arthur Schnitzlers Novelle fand von
ihr gar keine Beachtung: Mit geschlossenen Augen verfiel sie in
den Monolog, den das Fräulein Else führt und wurde
augenblicklich zu Fräulein Else. Somit erstaunte es auch nicht,
als sie erzählte, dass sie früher schon Schnitzlers
"Fräulein Else" geliebt habe. Dennoch, so gestand sie,
musste ihr Mann sie überzeugen, dass sie das Angebot
"Fräulein Else" zu sprechen, annnehmen solle. Sie
selbst habe Bedenken gehabt, ob ihr Empfinden dafür heute noch da
wäre. Bei der Produktion - so offenbarte sie dem Publikum - habe
sie aber festgestellt, dass viele ihrer eigenen Erfahrungen, die
sich ihr seit der letzten Lektüre von "Fräulein
Else" eingedrückt haben, wie sie so schön formulierte, in
ihre Interpretation mit einflossen. Dass sie "Fräulein
Else" verinnerlicht hat, daran bestand schon nach ihrem
kurzen Vortrag aus dem Buch kein Zweifel mehr; an der Wahl der
Jury auch nicht. |

Senta Berger

Arthur Schnitzler "Fräulein
Else",
Verlag: Kein & Aber
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Laudatoren, Preisträger und Moderator |
Zum Abschluss der
Verleihung kamen Preisträger, Laudatoren und der Moderator auf
die Bühne um einen Literatur-Kanon anzustimmen, ganz dem Motto
"Stimmen" getreu. Hierbei stimmten sie nacheinander in
einen sorgsam komponierten Text ein, der aus Zitaten von Werken
großer Dichter zusammengesetzt war. Der Seitenhieb auf Marcel
Reich-Ranickis Literaturkanon war nicht zu übersehen. |
Zu überhören seien
aber auch nicht Denis Schecks Abschiedsworte, in denen er allen
mit auf den Weg gab, dass man zum Glück hören könne, was man
wolle und sich das nicht vorschreiben lasse müsse. Das finde ich
zwar eine gute und wichtige Aussage. Jedoch wird mir das schwer
fallen, nachdem mich der Abend auf fünf ganz bestimmte Titel sehr
neugierig gemacht hat. Schön, denn dann hat die Verleihung dieses
Preises und die irrsinnige Mühe der Jury ihren Sinn und Zweck
erfüllt: Eine Orientierungshilfe, die Beachtung verdient.
Nach der Preisverleihung gab es
noch ein reichhaltiges Büffet im Restaurant des LimeLight, sowie
angeregte Gespräche rund um das Thema Hörbuch - welch gelungener
Ausklang! |

Büffet im Restaurant des
LimeLight |
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geht es zur Internetseite des Deutschen
Hörbuch Preises (mit u. a. einer Liste aller Nominierungen)! |
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geht es zum Bericht
zur Verleihung des Deutschen Hörbuchpreises in der hoerothek mit interessanten
Interviews, u. a. mit Senta Berger und Matthias Koeberlin! |
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