Rezension |
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Inhalt: Effi Briest wächst
im Herrenhaus zu Hohen-Cremmen im märkischen Land auf und heiratet 17jährig
den viel älteren Baron von Innstetten aus Kessin, das im hohen Norden am
Meer gelegen ist. Dieser ist ein früherer Verehrer ihrer Mutter. Die
junge Effi ist bezaubernd und voller Leben, Innstetten dagegen ein Mann
mit Prinzipien. Er liebt Effi auf seine Weise, kann oder will sie aber
nicht wirklich verstehen. Effi wiederum ist in
die Liebe und in die Karriere ihres Mannes verliebt. „Landrat von Kessin“
reicht ihr nicht, ein Ministeramt schwebt ihr vor. Am meisten allerdings fürchtet
sie Langeweile und Mittelmaß. Zurück aus den
Flitterwochen wird Effi mit vielen Dingen, die sie fürchtet,
konfrontiert. Die unheimliche Atmosphäre ihres neuen Zuhauses, dessen
seltsames Interieur ängstigen sie: das Krokodil an der Wand, der Chinese,
der im Ballsaal spuken soll, das Meer. Sie fühlt sich alleingelassen, da
Innstetten viel auf Reisen ist. Nur dem verkrüppelten
Apotheker Gieshübler gelingt es, sie ab und zu aufzumuntern. Von ihrem
Mann bekommt sie kein Verständnis, denn auf nachsichtige, aber
unnachgiebige Weise geht er über ihren Wunsch, ein anderes Haus zu
beziehen, hinweg. Auch nach der Geburt
der Tochter scheint sich äußerlich nichts in ihrem Leben zu verändern.
Erst ein mehrwöchiger Aufenthalt bei den Eltern bringt eine veränderte
Effi zurück. In den Augen Innstettens wirkt sie verführerischer, doch
bleibt alles beim Alten. So kommt es, dass sie sich zu dem neuen
Bezirkskommandeur Major von Crampas hingezogen fühlt, einem Frauenheld.
Sie schlittert in eine Affäre. Die Heimlichkeiten belasten Effi sehr. Als
Innstetten nach Berlin versetzt wird, ist es für Effi die Chance, die Affäre
hinter sich zulassen. Sieben Jahre sind vergangen. Durch einen unglückseligen Zufall, findet Innstetten die Liebesbriefe, die Crampas einst an Effi schrieb. Innstetten ist gekränkt, verspürt aber keinen Hass. Trotz seiner Liebe zu Effi bleibt er verstrickt in seinen Moralkodex. Seine Ehre ist befleckt. Die gesellschaftlichen Konventionen verlangen nach deren Bereinigung. Entgegen des Rates eines Freundes trifft er Vorkehrungen zu einem Duell mit Crampas. So nimmt Effis Leben eine dramatische Wendung an.... Meine Meinung: „Effi Briest“ ist für mich ein ganz besonderes Buch,
da ich die Geschichte erst Jahrzehnte nach Beendigung der Schule richtig
zu schätzen lernte. Mehrmals gelesen und mehrmals gehört, finde ich überraschenderweise
immer neue Details hinsichtlich der Entwicklung Effis und der Einstellung
Innstettens. Darüber hinaus beherrscht Fontane die Kunst, Themen und
Stimmungen in einer Symbolik zu verstecken, wie es kaum einer vor und nach
ihm schaffte. Es ist für den Leser bzw. Hörer eine Herausforderung,
dennoch kann man „Effi Briest“ auch ohne Sekundärliteratur genießen.
Das ist das Schönste, was ein Autor seiner Leserschaft hinterlassen kann:
Ein Roman, der allen Altersgruppen etwas zu geben und zu sagen hat. 2006 wird als das Heinrich-Heine-Jahr ausgezeichnet und das
ist eine schöne Gelegenheit die
in „Effi Briest“ erwähnten Gedichte von Heinrich Heine nachzulesen:
„Diamanten und Perlen“, „Deine weißen Liljenfinger“, „Das
Seegespenst“, und „Vitzliputzli“. Das „Gewand“ des Hörbuchs wirkt wie ein Buch, es passt
zu den anderen Klassikerhörbüchern des Verlages, siehe z.B. „Stolz und
Vorurteil“ von Jane Austen. (Link zur Rezension siehe unten.) Im Booklet gibt es eine ausführliche Zusammenfassung des
Romans, eine Lebensbeschreibung über Theodor Fontane mit Bild,
Hintergrundmaterial zu Effi Briest und ein Bild vom Sprecher Udo Samel mit
Referenzen. Zitate über Fontane von Friedrich Dürrenmatt, Thomas Mann,
Erich Kästner ergänzen die liebevolle Gestaltung. Zu den 10 CDs gibt es
noch eine praktische MP3 Version. Udo Samel merkt man seine jahrelange Theatererfahrung an.
In seiner Vita heißt es, dass er einer der profiliertesten Sprecher
des deutschsprachigen Rundfunks ist. Er weiß gekonnt seine Stimme zu
variieren. Gut gemacht ist die Entwicklung Effis, die in seiner Stimme,
wenn man genau hinhört, zu erkennen ist. Von dem Kind der Lüfte,
in den ersten Monaten ihrer Ehe, zur erwachsenen Effi, hin zur
verzweifelten und traurigen Effi. Am Ende des Romans ist sie mit sich im
Reinen. Wer gern zur Weltliteratur in Hörbuchformat greift, kommt
an Gert Westphal nicht vorbei, der „Effi Briest“ und viele andere
Klassiker gelesen hat. Diese Leistung kann als Maßstab bei der
Beurteilung neu aufgenommener Romane der Weltliteratur herangezogen
werden. (Link zur Rezension der Westphal-Lesung siehe unten.) Nun bricht ein Verlag in diese Domäne ein. Gewagt! Doch
letztendlich ist es erfrischend, auf eine weitere Effi Briest Version zurückgreifen
zu können. Udo Samel und der Argon Verlag haben es gewagt – und in
meinen Augen eine große Leistung erbracht. Ein Sieg auf einem weiten
Feld.
(© JMaria im März 2006) |
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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt
am 28.03.2006, letzte Änderung am
02.04.2006, Layout by abrakan