Rezension "Jane Austen: Verstand und Gefühl"

Rezension

Kategorie:

Genre:

SprecherInnen:

Regie:

Medium:

Laufzeit:

Verlag:

Preis:

ISBN:

Bewertung:

(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Die Testamente der Vorfahren und des Vaters sind nicht gerade vielversprechend für die Frauen der Familie Dashwood. Aus eigener Kraft können sie sich kaum ein angenehmes Leben leisten.

Die Unterstützung des Stiefsohns und –Bruders wäre dafür notwendig, doch der kann sich nicht zu verbindlichen finanziellen Zusagen durchringen. Die Mitgift der Schwestern Marianne und Elinor erlaubt auch für die Zukunft keine großen Sprünge.

Marianne ist ein empfindsames, gefühlsbetontes Mädchen mit Träumen von der einen großen Liebe, während Elinor ihr Leben eher realistisch betrachtet. Beide Mädchen verlieben sich, die schwärmerische Marianne in den leichtfertigen Willoughby und Elinor in Edward, den Bruder ihrer Schwägerin. Doch während beide Mädchen träumen, geht das Leben seinen Gang.

Die vaterlose Familie ist gezwungen die gewohnte Umgebung zu verlassen. Ein Cottage bei einem entfernten Cousin bietet ihnen Unterschlupf. Neue Bekanntschaften ergeben sich, Intrigen müssen überwunden werden, ein Besuch in London klärt die Möglichkeiten für die Mädchen und am Ende steht in einem guten Roman eine Lösung für die Heldinnen – oder?

Eine ausführliche Inhaltsangabe gibt es bei den JA-Freunden – hier

Meine Meinung:

Verstand und Gefühl, Jane Austens erster Roman ist endlich als vollständige, wohl interpretierte Lesung zu haben, welche Freude! Die Austen-Fangemeinde hat sicher schon lange darauf gewartet und kann sich nun an dieser Hörbuchproduktion erfreuen. Den vorherigen gekürzten Versuch einer anderen Produktion sollte niemand in diesem Zusammenhang erwähnen. Dies ist die einzig ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Text und die einzige Produktion, die ein interessierter Hörer ins Ohr fassen sollte. Es grenzt schon an Blasphemie diese andere Möchtegernvertonung zu erwähnen.

Ausstattung

In bewährter Klassikerausstattung hat auch diese Edition wieder ein hübsches umfangreiches Booklet zu bieten, die passenden Bilder und Erläuterungen analog zum Nachwort aus der Reclam-Übersetzung, die hier die Basis der Lesung bildet, vervollkommnen den Genuss an dieser Geschichte. (Den Mini-Fauxpas, dass der Oberst aus dem Text im Booklet ein Colonel ist, und damit eine winzige Abweichung zwischen den Texten besteht, lasse ich da einmal außer Acht). Einzig die Länge einiger Tracks sollten die Techniker nochmals überdenken.

Sprecherin

Die bewährte Sprecherin Eva Mattes, ist hier, wie bei 'Stolz und Vorurteil', eine glänzende Wahl. Ihre Interpretation ist gelassen, adäquat, lebendig – wundervoll. Ihr Textverständnis lässt den Hörer eintauchen in die Welt der Dashwoods. Die Deutung des Romans überlasse man den einschlägigen Literaturgeschichten und eben dem oben erwähnten Nachwort. Die Geschichte allein wirkte auf mich bezaubernd.

Personen/Geschichte

Meine Lieblingsfigur, Oberst Brandon, ist in der Geschichte mein Held. Sein ständiges Werben um die junge Marianne wirkt so romantisch, der eigentlich untragbare Altersunterschied ist vorhanden, und doch kann man sich nicht vorstellen, dass er sie nicht letztendlich erringen soll. Nur wie? Immer wieder taucht er auf und wird wieder in den Blickpunkt gerückt.

Selbst die Entwicklung einer Mrs. Jennings, einer Nebenfigur, ist klar erkennbar. Vordergründig die hibbelige nervtötende Frau, aber letztendlich besitzt auch sie einige Qualitäten. Alle Figuren, nicht nur diese beiden Beispiele, erhalten durch Eva Mattes Gewicht oder Leichtigkeit und Präsenz, keine wirkt unpassend, ihre Interpretation eröffnet Gedanken, die manch eine Leserin beim selber lesen sicher nicht hatte.

Jane Austens Beobachtungsgabe ist auch in diesem Roman wieder treffend. Menschen, die Geld und Macht haben, aber keinen Geschmack, menschelnde Wesen und Menschen mit Stil, der Blick, den sie auf den englischen Mikrokosmos geworfen hat, war wieder einmal sehr präzise und scharfzüngig. Es macht Freude ihrer Geschichte in dieser Reclam-Übersetzung zu folgen. Der Einstieg mit der Überzeugungsrede von Fanny an ihren Mann, dass doch überhaupt keine Unterstützung für die Schwestern notwendig sein, ist z.B. ein Meisterentwurf, der jedoch auch den Blick auf Jane Austens Biografie lenkt, da sie in ebensolcher Abhängigkeit ihr Auskommen finden musste. Viele solcher Szenen würzen die Geschichte und machen den Blick auf die Gesellschaft von damals zu einem Genuss. Wie schade, dass diese Autorin so jung sterben musste und nicht einmal ihren Ruhm und den Erfolg genießen konnte, weil das Buch zu ihrer Zeit ohne Autorenname anonym mit 'By a Lady' erscheinen musste.

Fazit

Verstand und Gefühl ist ein wundervolles Hörbuch, mit Eva Mattes als Sprecherin wäre auch Jane Austen sehr einverstanden gewesen. Die durchdachte Gesamtproduktion ist ein Geschenk an alle Literaturliebenden Hörbuchhörer, die nun gespannt und voller Vorfreude auf die nächste Jane-Austen-Vertonung warten, die hoffentlich in Planung ist. (Binchen, Oktober 2006)

	findet man die Rezension zur ersten Jane Austen Produktion von Argon - Stolz und Vorurteil.
	wertvolle Informationen für alle Freunde von Jane Austen.