Rezension

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	Bewertung:	(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Ein Reisender glaubt bei seinem nächtlichen Ritt über die Deiche die schemenhafte Gestalt eines dunklen Reiters auf einen Schimmel gesehen zu haben. Als er diese Begegnung im Wirtshaus erwähnt, erzählt ihm der Schulmeister die Geschichte des Schimmelreiters Hauke Haien: Der Hauke ist der Sohn eines armen Marschbauern, seine Mutter ist tot. Von früh an, interessiert er sich mehr für Literatur, Mathematik und den Deichbauch, als für Prügeleien, Trinkgelagen und Frauen. Nachdem er in einem Anfall von Jähzorn eine Katze tötet, schickt ihn sein Vater in die Lehre. Er wird Kleinknecht beim Deichgrafen, erledigt Rechnungen und gibt Ratschläge für den Deichbau. Allerdings macht er sich mit seinen Hinweisen auf säumige Deichpächter nicht nur den Großknecht Ole Peters zum Feind. Hauke verliebt sich in Elke, die Tochter des Deichgrafen. Als der Deichgraf stirbt, heiraten Elke und Hauke. Da er durch diese Verbindung nun auch das nötige Vermögen nachweisen kann, wird er zum Deichgrafen gewählt und scheint endlich die Möglichkeit zu haben, seinen Traum vom sicheren Deichbau durchzusetzen. Hauke ist gegen den Bau eines neuen Deiches. Ole Peters, nun Deichbevollmächtigter, wendet sich gegen Hauke und befiehlt eigenmächtig den Deichdurchstich. Es kommt zur Katastrophe, die Haukes Schicksal als Schimmelreiter besiegeln soll...

Meine Meinung:

„Der Schimmelreiter", Storms letzter Roman, ist mir inhaltlich zwar schon als Schullektüre und Verfilmung bekannt, aber dieses Hörbuch ist noch mal ein Erlebnis für sich. Für mich, die ich aus Süddeutschland komme, ist es bisweilen etwas schwer sich auf diese Epen gleichen Friesensage einzulassen. Ich brauche immer ein wenig, mich auf die ungewohnte Sprachmelodie, die Wortwahl und die Naturbeschreibung einzulassen, aber diese Lesung von Otto Mellies machte es mir mit ihrer detaillierten Einführung in die Landschaft der Deiche wesentlich leichter. Ich möchte hier gar nicht versuchen diesen Klassiker zu zerlegen und nach allen versteckten Botschaften zu suchen. Für mich liegt er als Hörbuch auf einer ganz anderen Ebene. Es ist eine Geschichte von Mut, Neid, Klassenkampf, Starsinn und dem ewigen Kampf des Menschen gegen die Natur. Für mich erhält diese düster und bisweilen durchaus unheimlich anmutende Geschichte, vor dem Hintergrund der jüngsten Hochwasser Ereignisse, eine nie vermutete Brisanz. Wer hätte gedacht, dass all die Motive, die Fontaine in seinem 1888 erschienen Werk verarbeitet auch über 100 Jahre später noch Gültigkeit haben, überzeugen und wie im Roman zur Katastrophe führen?! Macht genau diese Tatsache nicht einen Klassiker aus?

Für mich ist diese Hörbuch perfekt geeignet für die anstehende Herbst- und Winterzeit. Sich zurückziehen, ein warmes Getränk in der Hand, vielleicht ein paar Kerzen an und der großartigen Darbietung von Otto Mellies lauschen, der es schafft, sowohl einer alten Kräuterhexe, der jungen Elke, dem stoischen Hauke oder den wütenden Mob eine Stimme zu verleihen. Gekonnt setzt er jedes Mal die richtige Dosis an Dialekt und Didaktik ein, die aus den vorgelesenen Sätzen lebendige Charaktere entstehen lässt. Besonders hervorzuheben ist in diesem Fall auch die liebevolle Gestaltung des Titelblattes und der CDc, die mit Ausschnitten eines modernen Ölbildes von Peter Degendorfer in Blautönen verziert sind und die Schulerinnerung an schreiend gelbe Reclam-Hefte Lügen strafen ;-).

Ich kann nur empfehlen, sich auf ein Hörerlebnis einzulassen, das einen auch die Möwen rufen, das Meer schmecken und die Deiche riechen lässt.

Fazit: So werden Klassiker leicht verdaulich! (Tara)

gibt es eine Rezension zu einer weiteren Lesung von "Der Schimmelreiter"!