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Rezension

Cover Nicholas Nickleby
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Gottfried (Godfrey)  Nickleby, eine Seele von einem Menschen, wächst in Armut auf, kommt durch eine Erbschaft zu Geld, verliert es wieder und hinterlässt seine Familie in Armut.  

Nicholas Nickleby, sein Sohn, sieht sich daraufhin gezwungen seinen einzigen Verwandten um Hilfe zu bitten: den Wucherer, Ralph Nickleby, Godfreys Bruder. Der ist jedoch alles andere als freundlich, obwohl er vordergründig so tut als ob.  

Er vermittelt Nicholas eine Stelle in einem Jungeninternat, wohl wissend, dass der Schulmeister ein Sadist ist, der den Kindern dort alles andere, als die versprochene Fürsorge, angedeihen lässt. Viel mehr ist es eine Abschiebung ungeliebter Kinder unter dem Deckmantel größtmöglicher liebevoller Zuwendung. Mit Nicholas außer Reichweite hat Ralph jedoch die Chance Kate, Nicholas Schwester, für seine Zwecke zu benutzen.  

Im Internat angekommen wird Nicholas seine Situation noch schmerzlicher bewusst, als vorher, aber um seine Angehörigen zu schonen, versucht er durchzuhalten, was ihm jedoch nicht lange gelingt. Als das Maß voll ist, verprügelt er den Schulmeister und verlässt den unwirtlichen Ort zusammen mit Smike, einem Jungen, der dort aufs derbste misshandelt wurde.  

Zurück in London stellt er seinen Onkel zur Rede und macht ihn sich dort zum Feind. Damit Kate und Mrs. Nickleby nicht unter seiner Tat zu leiden haben, verlässt er London um sein Glück anderswo zu suchen. Er schlägt sich als Schauspieler durchs Leben, bis er vom Unglück seiner Schwester erfährt, gerade rechtzeitig erlöst er sie, nicht ohne sich wiederum mit seinem Onkel anzulegen. Nun muss Nicholas in London bleiben, um seine Angehörigen und Smike zu schützen. Das gelingt natürlich nicht ohne Hindernisse.

Meine Meinung:

Ausstattung

Das Hörbuch mit den 11 CDs liegt vor mir. Eine schöne düstere Schachtel mit Glanzkarton überzogen, das macht einen edlen Eindruck.

Weniger edel ist dann der Blick hinein. Jede der 11 CDs ist in ein schlichtes weißes Papiertütchen mit Klebeumschlag gepfercht, das beim Herausnehmen der CD meist auch noch mit der Klebeseite an der CD hakt. Dass es auch anders geht, hat Goya schon häufig bewiesen, die traumhafte Gestaltung bei Tintenherz ist ein leuchtendes Gegenbeispiel.  

Sprecher

Die CDs einmal eingelegt, ist dieser Mängel allerdings schnell vergessen. Hans Paetsch, der Märchenonkel meiner Kindheit, 92 jährig ist er 2002 gestorben, hat diese Lesung gesprochen. Zuerst glaubte ich, meinen Ohren nicht trauen zu können. Beinahe lustlos und distanziert ging es los. Das erste Kapitel erzählt von Vater Nickleby und dessen Werdegang. Lakonisch erfährt der Hörer von der Armut, dem glücklichen Erbfall und der erneuten Verarmung der Familie Nickleby. Beinahe kopfschüttelnd saß ich vor meinem CD-Spieler und konnte es nicht fassen. Da war zwar das vertraute Schnarren in der Stimme, (HIER gibt es eine absolut hörenswerte Stimm-Collage zu Hans Paetschs Stimme), aber es klang so lieblos bis, ja bis es mit dem Schicksal unseres jugendlichen Helden losging.  

Von Track 2 an, war alles beim Alten. Paetsch brilliert mit Variationen für böse und freundliche Leute, für das Käthchen, die einfältige Mutter, die böse Mrs. Squeers, für den armen Smike, für Nicholas und Ralph Nickleby. Jeder Charakter bekommt seine Stimme, ohne in Rufus-Beck-Mentalität zu verfallen, werden die Menschen charakterisiert. Zwar werden auch einige Dialekte benutzt, aber die Übertreibungen, die andere Vorlagen oftmals notwendig machen, halten sich hier in Grenzen. Der Yorkshire-Dialekt wird zu bayrisch, die alten Herren Cheeryble haben ihrem Gebiss entsprechend undeutliche aber freundliche Worte für jedermann, Hans Paetsch gelingt es die dickensschen Charakterisierungen zu unterstreichen.  

Variation in Stimmlage, Geschwindigkeit, Engagement, Einfühlungsvermögen, es stimmt einfach alles. Rückblickend auch der Anfang, denn weder ist Vater Nickleby besonders wichtig, noch sollten wir uns direkt in diese Zeit hineinfühlen. Die verbreitete Stimmung passte haargenau zur Eingangszene im Buch. Der lakonische Ton ist noch häufiger in der Geschichte zu finden. Aber von den Inhalten gefangen genommen, ist es da oftmals wichtig, nicht in Mitleid zu versinken, sondern durch das auch schon von Dickens implizierte Grinsen, die Situation etwas aufzulockern.  

Die Bewunderung für die Darbietung dieser Lesung wuchs dann von CD zu CD, da die Vielfalt der Charaktere zunahm und der Hörer ohne Probleme und ohne eine Spur von Langeweile mit Nicholas mit fiebern und vor allen Dingen auch mit bangen konnte. Und das war dem Sprecher zu verdanken. Allerdings nicht nur. 

Geschichte

Denn auch Charles Dickens hat mit seinem Buch von 1838 ein besonderes Werk vorgelegt. Weniger bekannt, als z.B. David Copperfield oder Oliver Twist, aber bestimmt nicht weniger lesenswert. Das Personal des Buches ist mit wunderbaren Ticks versehen. Einzigartige Wesen lernen wir kennen, lieben und vor allem hassen. Seine angeblich in allen Werken vorherrschende Sozialkritik ist auch in diesem Werk stark vertreten. Das Buch lebt von den Widrigkeiten, die jedoch nur im ersten Augenblick jeweils ausweglos erscheinen und sich letztendlich immer mit einem Hoffnungsschimmer zu Gunsten Nicholas wenden.  

Bei allen Bösartigkeiten sind die von Ralph Nickleby und Wakeford Squeers so grausam herausgestellt, dass ich mit angehaltenem Atem lauschte. Derartige Dreistigkeit muss doch bestraft werden, so hoffte ich immer, wenn sie wieder eine neue Schlechtigkeit ausgetüftelt hatten. Das sind die Passagen in Filmen, bei denen ich umschalte, weil ich es nicht ertragen kann. Die Bösen sind nicht meine Lieblinge in solchen Romanen. Hier am Ball zu bleiben, ist mir schwer gefallen. Diese Ungerechtigkeiten, die Nicholas ertragen musste, konnte ich durch die Interpretation von Paetsch am eigenen Leib nachfühlen. Was will man für ein gelungenes Hörbuch noch mehr?  

Meine Lieblingsfigur ist Charles Cheeryble. Der großzügige alte Herr, der sich emporgearbeitet hat und so freundlich ist. Kaum tauchte er auf, witterte ich Hoffnung für Nicholas. Nick selbst ist auch ein Held mit Kanten und kein unerträglicher langweiliger Sunnyboy, er ist pfiffig, mutig, intelligent und strahlend, aber die Eleganz des Alten hat mich um einen Hauch mehr beeindruckt, auch wenn ohne den Titelhelden das Buch nicht existierte.  

Resumée

Nicholas Nickleby, diese lebendige Lesung eines Klassikers von einem Altmeister mit charakteristischer Stimmlage, ist eine Empfehlung für alle Liebhaber klassischer Geschichten mit Witz und Herz. (Binchen, im Januar 2005)

Button HIER klicken findet man Informationen zu Charles Dickens und den Text des Buchs in englisch

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 14.01.2005, letzte Änderung am 03.02.2005, Layout by abrakan