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Rezension

Cover: Mit bösen Absichten
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:  

Lieber tot als möglicher Weise impotent, so Bepy Sonninos unumstößlicher Entschluss, als er erfährt, dass er Blasenkrebs hat und allenfalls eine Operation ihm das Leben retten könnte. Was wichtig im Leben ist, wussten die Sonninos schon immer, auch wenn jedes Familienmitglied so seine eigenen Ansichten dazu vertritt. Bepys Enkel Daniel erinnert sich. An den Aufstieg, mehr jedoch noch an den Abstieg der Familie Sonnino, die - jüdischer Abstammung - mit einem Tuchhandel zum großen Geld gekommen ist.

Mehr als eine Familienchronik, ist dieser Roman der unverblümte Blick auf die Welt der Reichen und Schönen und deren Innenleben, dass in Hässlichkeit ihrer äußerlichen Schönheit in nichts nachsteht...

Meine Meinung:

Und wer sich zu früh freut, man könne hier boshaft über die gehobene Gesellschaft lachen, dem wird dies noch rechtzeitig vergehen. Denn das erschreckendste an den Sonninos und deren Angehörigen, Freunden und Feinden ist, dass sie menschlich sind. Sie mögen andere Mittel haben, als weniger betuchte, die Motive jedoch kommen einem trotzdem erschreckend bekannt vor.

Und hierin ist Piperno etwas einzigartiges gelungen: Er zeichnet eine sarkastische und scheinbar überzeichnete Szenerie. Bei näherem Hinsehen entblößt er jedoch lediglich die Niederträchtigkeiten, Eitelkeiten, Überheblichkeiten und Oberflächlichkeiten, die der Mensch wohl - sei er noch so gut (auch die sog. "guten Menschen" entlarvt er hier an einem treffenden Exempel!) - in sich trägt. Ausgesprochen gelungen und intensiv!

So findet der Leser (oder hier Hörer) nicht nur eine amüsante bitterböse Familienchronik vor, sondern er erfährt viel Wahres über die Menschen und ihre Motive. Alessandro Piperno hat meinen größten Respekt, sowohl für diesen überwachen Blick hinter die menschliche Fassade, als auch für sein Talent diese scharfen Beobachtungen zwischen den Zeilen mitklingen zu lassen. Auch der Aufbau des Romans verdient besondere Würdigung: Aus Daniels Sicht erzählt - in Form von Erinnerungen. Diese verlaufen - wie Erinnerungen nun mal sind - nicht immer chronologisch. Doch das Gesamtbild ergibt sich wie von selbst (Pipernos harte Arbeit daran spürt man nicht - er erzählt mit einer Leichtigkeit, als hätte ihn all das keine Mühe gekostet!) und am Schluss steht eine wunderbare Erkenntnis. Für Daniel, aber auch für den Leser/Hörer. Die letzten beiden Tracks musste ich gleich noch einmal hören, so nachdenklich ließen sie mich werden über Themen wie das Leben und das Glück und das Pech, das es für jeden einzelnen bereit hält. Auch Gedanken über die Privilegierten und die Benachteiligten.

Gekrönt wird dies alles jedoch durch zweierlei: Pipernos Sprache. Böse und bissig und zugleich so elegant und einfallsreich - einfach wunderbar. Er bringt Worte in einen - für mich - bisher völlig neuen Kontext. So spielt er z. B. mit dem Wort "Inkontinenz". Mit diesen Wortspielen skizziert er messerscharf die Gegebenheiten, denen anders ausgedrückt der Biss fehlen würde. Ebenso genial spricht er an einer anderen Stelle von seelischer Hygiene. Ein großes Vergnügen ihm zu lauschen - ganz besonders mit der Stimme von Matthieu Carriére, um zum zweiten Punkt zu kommen. 

Matthieu Carrière schlägt genau den richtigen Tonfall an, um mit Alessandro Pipernos bissigen und doch so treffenden Humor mitzuhalten, der einzig dazu geschaffen scheint, die Motive und somit die Armseligkeiten der gehobenen Gesellschaftsschicht - oder auch der Menschen überhaupt - zu colourieren.

Ich bin froh, dass ich dieses Buch hören anstatt lesen durfte - und dann auch noch ungekürzt. Jeder gestrichene Satz hätte mir weh getan. Matthieu Carrière greift Alessandro Pipernos Worte und Sätze, mitsamt Humor und Boshaftigkeit, sprachlich exakt auf und noch mehr: Daniel kennt die Geschichte seiner Familie ja schon, als er anfängt zu erzählen. Und man merkt, dass Matthieu Carrière sie auch kennt! An den richtigen Stellen erhalten die Worte Schliff und Schärfe, eben WEIL er weiß, worauf alles hinausläuft. Das weiß ein unbedarfter Leser nicht und ich denke, hier setzt der wissende und zudem brillante Sprecher noch einen wunderbaren Akzent. Es hat mir großen Spaß gemacht, Daniel und somit Matthieu Carrière zu lauschen, wie sie vom Aufstieg und Fall der Sonninos erzählen - und von den Abgründen der menschlichen Seele.

Eine kleine Warnung noch: Die ersten anderthalb CDs sind etwas mühevoll - wenn auch bereits sehr gut! Denn dieses auspacken der kleinen versteckten Bosheiten und Wahrheiten, beansprucht ein paar Sekunden, in denen der Sprecher naturgemäß schon weiter liest. So erscheint einem die Geschichte anfangs zu prall, zu schnell. Doch erstens legt sich das und zweitens möchte man zum Schluss hin am liebsten sowieso das ganze Hörbuch nochmal von vorne hören. Somit: Nicht entmutigen lassen. Man versteht schon recht, nur durchschaut man anfangs noch nicht alles so ganz, weil man die Familie noch nicht so gut kennt. Und Tempo - ja, Tempo hat die Geschichte. Nicht umsonst sagt man diesem (Hör)Buch nach, es sei ein Feuerwerk. Aber was für eins!

Fazit: Wer die Wahrheit verträgt, sollte unbedingt diese Familienchronik hören. Autor und Sprecher verstehen sich - eine tolle Kombination. Und das Beste: Ein Satz und das erste boshafte Grinsen schnitzt sich dem Hörer ins Gesicht. Welche boshafte Wortwahl - herrlich! (Petra)

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 12.05.2006, letzte Änderung am 17.06.2006, Layout by abrakan