Rezension |
||||||||||||||||||||||||
Inhalt: Marie, die ehemalige Wanderhure, ist seit 10 Jahren mit Michel verheiratet. Die Zeit hat ihr gezeigt, dass diese Ehe eine glückliche Fügung war, denn sie hätte niemand besseren zum Manne haben können. Sie teilen sich die Burgverwaltung und verstehen sich wunderbar. Auch Hiltrud, ihre
Freundin, konnte sich dank Marie, in der Nähe niederlassen und
bewirtschaftet als Freibäuerin zusammen mit ihrem Mann den Ziegenhof. Wäre da nicht Kaiser
Sigismund, der gegen die Husseiten in den Krieg ziehen will und Michel zu
seinem Heer ruft, die Welt könnte nicht schöner sein. Bei einem Feldzug wird
Michel jedoch sehr schwer verletzt und ist unauffindbar. Marie erhält
seine Todesnachricht, kann diese jedoch nicht akzeptieren. Sie macht sich,
als Marketenderin getarnt, auf den Weg, ihren Michel zu suchen. Diese Entscheidung wird
ihr durch die politischen Umstände quasi abgenommen. Vor die Alternative
gestellt, irgendeinen schmierigen Burgherrn oder Kaufmann auf Geheiß
eines Vormundes zu heiraten, oder ihre Eigenständigkeit zu bewahren, ist
die Wahl für Marie nicht schwer. Auf ihrer Reise lernt
sie viele neue Freunde schätzen und viele Feinde hassen. Meine Meinung: Der Paukenschlag, mit
dem "Die Wanderhure" begann ist noch im Gedächtnis. Auch der Roman
ist noch lebendig im Kopf. So fiel mir das Aufschlagen eines neuen
Kapitels in Maries Leben schwer. Wird dieser Roman wieder so fesseln wie
der erste Teil? Wird Marie wieder derartig leiden müssen? Wird Marie II
der ersten das Wasser reichen können? Wird sie sich entwickeln können? JA! Auch "Die
Kastellanin" ist ein toller historischer Roman geworden. Standen für mich bei
der Wanderhure Marie und ihre Frauen–Freund- und Feindschaften noch
allein im Vordergrund, ist die Story nun zweigeteilt, denn Michel
bestreitet einen weiteren Part. Neuartige Beziehungen lernen wir hier
kennen, die Frauenclique der Marketenderinnen ist eine andere Welt, als
die der Huren, aber nur geringfügig weniger spannend. Die Lektüre von
Brechts Mutter Courage hatte es nicht geschafft mir ein Bild von deren
Leben vor Augen zu führen. Iny Lorentz ist dies ohne Schwierigkeiten
gelungen. Die Kriegsführung, die ursprünglich Michels Hauptgeschichte ist, vermischt sich langsam mit der Maries. Diese Teile sind nicht weniger liebevoll oder detailreich und vorstellbar geschrieben, faszinierten mich jedoch nicht im gleichen Maße. Vielleicht bin ich dafür zu sehr auf weibliche Themen gedrillt? Mir ist kurz nach der
Lektüre ein historischer Weltatlas in die Hände gefallen, politische
Karten der Zeit hatten mich bis dahin niemals interessiert, nun wollte ich
jedoch wissen, wie das Reich Böhmen zur Zeit von Sigismund aussah, oder
welchen Weg die Helden von Nürnberg aus genommen hatten. Die Vielzahl an gut gestalteten Nebenfiguren ist auch hier wieder beeindruckend. Selbst bei Figuren, die eigentlich nur zwei bis drei Seiten beherrschten, hatte ich das Gefühl zu wissen, was das für Leute waren, wie sie in die Geschichte passten, sogar ein Bild entstand vor Augen. Die schwarze Eva, Ritter Heinrich und nicht zuletzt das Miststück Falko sind mir besonders im Gedächtnis geblieben und ich hoffe, dass ich einigen von ihnen auch in Marie III wieder begegnen werde. Denn das Ende, diesmal nicht so knapp gehalten, macht Hoffnung auf ein weiteres spannendes Abenteuer mit Marie und Michel. Die gekürzte
Hörbuchfassung zur ‚Kastellanin’ wird, wie die Wanderhure, von Anne
Moll gelesen. Wieder einmal macht sie ihre Sache sehr gut. Einzig die Wahl
der Stimmlagen für Eva und einige ältere unsympathische Herrn fand ich
überdenkenswert. Frau Moll unterstreicht wie gewohnt die Stimmungen, die
im Roman heraufbeschworen werden, Kleinigkeiten, die durch die Wortwahl im
Buch die Vorstellungskraft eines Lesers heraufbeschwören, werden so durch
ihre Interpretation ersetzt. Es ist immer wieder eine Freude ihr lauschen
zu können. Die Geschichte wurde gut gekürzt. Einige fehlende persönliche Entwicklungen und Episoden lassen das Hörbuch etwas weniger rund erscheinen, als es der Roman vorgibt. Es wirkt z. B. wenig glaubwürdig, dass Marie im letzen Drittel so wenig an ihre Tochter denkt, allerdings ist der Gesamtcharakter gut erhalten geblieben. Wer auf Details und nähere Beweggründe für die Handlungen der Personen wert legt, ist besser beraten das Hörbuch zusätzlich, und nicht an Stelle des Romans zu genießen. Für mich war es eine tolle Wiederbelebung der Figuren aus dem Roman und damit eine gelungene Lesung. (Binchen, Juni 2005) |
||||||||||||||||||||||||
[Home] [Rezensionen] [Neuigkeiten]
[Infos zum Hörbuch] [Sprecher-Info]
[Specials]
[Tipp des Monats] [Dykes Ohrenleser-Tipps] [Diskussionsforum] [Chat] [Gästebuch] [Links]
[Über mich] [Pressespiegel]
[AGB] [Impressum/Kontakt]
[Disclaimer]
© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt
am 01.06.2005, letzte Änderung am 27.07.2006, Layout by abrakan