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Rezension

Cover Engelsgift
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:  

Die Drehbuchautorin Marie recherchiert wegen der geplanten Verfilmung eines spektakulären Kriminalfalls:

Karoline Streicher wurde hingerichtet wegen mehrfachen Giftmordes. Opfer waren Karolines Mann und ihr eigen Fleisch und Blut - ihre Tochter, sowie andere ihr in irgendeiner Form nahestehenden Menschen. Marie spürt den vermeintlich einzigen Überlebenden auf: Hermann Streicher, Karolines erstgeborenes Kind. Nur, um sich abzusichern, dass er nichts gegen die Verfilmung einzuwenden hat, um also ihre Pflicht zu tun. Doch Hermann Streicher nutzt die Gelegenheit und erzählt vom Leben seiner Mutter und seines Vaters. Ein Schreckensszenario entblättert sich vor Marie, in dem der Sohn stets hilflos am Rande steht und alles mit anschauen und ertragen muss, was ihm von seiner Mutter durch nicht erfahrene Liebe weitergegeben wird: Hass...

Meine Meinung:

Karoline Streicher wurde verurteilt. Nicht nur vom Gericht, sondern vor allem von der Öffentlichkeit, die sie als das personifizierte Böse betrachtete. Ihr Sohn kann dieser kalten Frau auch kein anderes Zeugnis ausstellen. Aber es ist niemals so einfach. Um besser be- oder gar verurteilen zu können, darf man nicht einfach nur rabenschwarz oder blütenweiß sehen. Es gibt Zwischentöne. Es gibt Gründe. Wenn auch keine guten Gründe, aber persönliche, das auf jeden Fall. Verurteilen kann und wird der Hörer zum Schluss des Hörbuchs auch. Aber er weiß mehr, wird eingeweiht. Muss das Grau erkennen, muss einsehen, dass es DAS BÖSE so endgültig nicht gibt. Sondern dass vieles auf Aktion und Reaktion begründet ist und die Morde an sich beinahe eine logische Konsequenz.

Aber gerade das lässt das Grauen, das diese auf einem authentischen Fall beruhende Geschichte hervorruft, wie durch eine Lupe vergrößert erscheinen. Die von Verzweiflung geprägten Kämpfe Karolines um ihr Glück, das umso mehr ausbleibt, desto mehr sie es zu erzwingen versucht, mit allen Mitteln. Ihre Naivität und gleichzeitig Raffinesse und Unverfrorenheit lassen einen hilflos daneben stehen. Als Hörer kann man nicht eingreifen, sicher, aber auch sonst konnte scheinbar niemand die Ereignisse voraussehen oder aufhalten. Mit jedem Versuch, etwas zu verbessern (mit für den normalen Menschenverstand zum scheitern verurteilten Methoden) wird alles noch schlimmer, noch finsterer, noch böser, bis ein familiäres Gefüge entsteht, das in den Abgrund führt. Man könne bald denken, das Böse habe von dieser Familie Besitz ergriffen. Aber nicht okkult betrachtet, sondern aus einer falschen Sichtweise heraus, die nur noch den Blick frei hat für das Schlechte und nichts anderes mehr wahrnehmen kann und schließlich dazu führt, dass das Böse in der eigenen Seele Einzug hält.

Susanne Ayoub hat mit diesem Fall einen sehr intensiven Blick auf eine Szenerie freigelegt, die aufzeigt, wohin das Fernbleiben von Liebe oder die Präsenz von Hass führen kann. Dass sie auch Theaterstücke, Drehbücher und Hörspiele schreibt, merkt man diesem Roman an. Er eignet sich hervorragend für den akustischen Vortrag, in der Form, wie er hier präsentiert wird - als Hörstück. Einzelne Szenen werden eingeblendet, so dass der Hörer sich erst einmal orientieren muss, wo er sich gerade befindet. Die Handlung springt von der recherchierenden Marie in die Ursprünge der Geschichte, die sie erforscht. Dem Ohr wird das leichter zuträglich gemacht, indem drei Sprecher agieren. Wird aus der Sicht des Sohnes erzählt, spricht Ernst Konarek. Die Szenen, in denen Marie in den Vordergrund rückt, übernimmt eine der weiblichen Sprecherinnen (Lena Stolze und Victoria Trauttmansdorff) - welche, ist leider nicht ersichtlich. Die erzählenden Episoden, in der Karoline Streicher Dreh- und Angelpunkt des Geschehens ist und die zurückführen in die Vergangenheit, werden von der anderen Sprecherin erzählt. Diese Stimme ist sehr passend gewählt, da die nötige Kühle mitschwingt, die man sich bei der kalten Karoline Streicher vorstellen kann. Ab und an werden diese eingeblendeten Rückblicke aber auch wieder von Ernst Konarek gesprochen. Das ist immer dann der Fall, wenn Hermann Streicher in Erinnerungen an seine verhasste Mutter abgleitet. Sehr effektvoll, wenn man sich einmal eingehört hat, fand ich diese Art des Vortrags. Einziges Manko sind die Sprecherinnen, nach kurzer Zeit nur noch eine von beiden. Die männliche Stimme passt perfekt. Ernst Konarek macht seine Sache sehr gut! Von den Stellen, wo Marie zum Zuge kommt, war ich jedoch nicht so recht begeistert. Die Szenen um Marie rissen mich anfangs regelrecht aus der Handlung heraus, einfach, weil die Stimme so unangenehm war. Anfangs hatte ich auch das Gefühl, dass mehr gelesen als erzählt wird, was für ein Hörbuch der Todesstoß sein kann. Hier kriegt die eine Sprecherin aber recht schnell die Kurve und passt nach kurzer Eingewöhnungszeit dann ausgezeichnet zur Person der Karoline Streicher. Somit war die Stimme der erzählenden Passagen schnell kein Problem mehr für mich. Die Stimme, die die Passagen mit Marie bestritt, blieb unangenehm, war aber nach den ersten Tracks nicht mehr störend. Dachte ich mir zu Anfang, ich würde unter diesen Umständen das Hörbuch nicht zu Ende hören, so hätte ich es ein paar Tracks später schon bereut. Denn diese Geschichte ist faszinierend. Auch in ihrer Vortragsart - wenn man erst mal ein wenig über diese merkwürdige Sprecherinnenwahl hinwegsieht. Zum Schluss bleibt ein stimmiges Bild. Die drei Stimmen unterscheiden sich sehr voneinander, und das ist auch gut so, wenn es erst auch störend wirkt.

Vielleicht liegt es auch ein wenig daran, dass sich ein österreichischer Dialekt nicht verleugnen lässt. Auch hier musste ich meinen ersten Gedanken, ob das denn sein müsse, revidieren: Die Geschichte hat sich in Wien ereignet. Die Menschen dort sprechen so. Nur weil es sich für meine Ohren fremd anhört, ist es dennoch authentischer als wenn es in Hochdeutsch gesprochen würde. Und auch hier gilt: Nach einer Eingewöhnungsphase, wenn man offen bleibt, stößt das nicht mehr auf. Im Gegenteil: es passt und verleiht irgendwie auch eine absonderliche Atmosphäre.

Fazit: Dieses ungewöhnlich Hörbuch zu empfehlen ist ein schwieriges Unterfangen. Aber mit der Vorwarnung, dass man dem Hörbuch eine kleine Eingewöhnungszeit einräumen sollte und offen sein möge für eine etwas andere Art des Vortrags, möchte ich es dennoch sehr empfehlen. Die Geschichte hat mich aufgewühlt und fasziniert. Und letztendlich ist der Vortrag wirklich ausgezeichnet gelungen, wenn er auch gewagt ist. Für mich ein spannendes und bereicherndes Hörerlebnis. (Petra)

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 21.05.2005, letzte Änderung am 21.07.2005, Layout by abrakan