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Rezension

Cover Einmal Hans mit scharfer Soße
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Hatice Akyün stellt sich zu Anfang dieses Hörbuchs selbst vor - das ist auch gut so, schreibt sie hier schließlich über ihr Leben. Sie ist Journalistin, über 30, lebt in Berlin, ihre Familie zum Teil in der Türkei. Sie ist weder zwangs- noch sonst wie verheiratet. Hatice Akyün liebt ihr Leben in Deutschland, doch genauso ihre türkische Seele. Das bringt zwangsläufig Probleme mit sich. Ihre Familie versteht nicht, dass sie ihr Leben und vor allem ihr Herz der Karriere opfert und lieber einen deutschen Mann hätte - einen Hans, wie man unter den Türken den Prototyp eines deutschen Mannes nennt. Aber einen mit scharfer Soße, denn die meisten deutschen Männer sind ihr nicht feurig genug.

Meine Meinung:

Ich splitte diese Rezension in zwei Teile. Einen negativen und einen positiven. Zunächst die Kritik:

Erstes Problem - weil das schlimmere von beiden: Sie spricht es selbst. Das geht selten gut. Autoren sind keine Sprecher, zumindest keine professionellen. Das hört man - hier leider auch. Sie macht es schon ganz gut, so ist es nicht, aber sie ist halt kein Profi in dem Metier. Zur Katastrophe wird es dadurch nicht, aber es hätte mit einer anderen Sprecherin vielleicht gewonnen.

Hinzu kommt, dass mir ihre Stimme nicht sehr sympathisch war. Das ist natürlich Geschmackssache. Ihr stimmlicher Auftritt ist so laut, so forsch.

Hier gelangen wir zum zweiten Problem - Hatice Akyün erzählt hier von sich selbst. Sie tritt sehr selbstbewusst auf. Das ist einerseits schön. So scheut sie sich nicht, von sich wirklich etwas preiszugeben und dank ihres Temperaments ihre Bedürfnissen herauszuschreien. Vielleicht nötig, um das im Leben durchzusetzen, was man möchte. Andererseits - so ging es mir zumindest - stellt sich schnell auch innerlich eine verweigernde Haltung ein und Hatice Akyüns Forderungen nach mehr Lebendigkeit und Leidenschaft prallen ab. Besonders, da sie nicht gerade diplomatisch vorgeht: die türkische Lebensmentalität wird glorifiziert, die der Europäer (der Deutschen insbesondere) als einschläfernd abgetan. Sie unterstellt den deutschen Frauen, sich keine Mühe mit ihren Augenbrauen zu geben und auf Hatices volle Haare neidisch zu sein sowie ein paar andere Dinge. An solche Neidgefühle kann ich mich, wenn ich mich an Begegnungen mit türkischen Frauen erinnere, nicht entsinnen. Jeder Mensch ist auf seine Art schön. Es gibt in beiden Kulturen wunderschöne sowie gepflegte Frauen. Mir war hier vieles zu oberflächlich. Und ich wünschte, Hatice Akyün würde mehr Bereitschaft zeigen, auch die deutsche Kultur und Mentalität zu verstehen und nicht nur für sich selbst Verständnis zu erhoffen. Zudem betont sie einmal (mindestens einmal!) zuviel, dass sie DIEJENIGE ist, die Miniröcke trägt. Wem will sie damit etwas beweisen? Sich selbst? Ich vermute es fast.

Auch wirft sie deutschen Männern Knauserigkeit vor, wenn sie beim ersten Date nicht die Rechnung übernehmen. Kommt sie nicht auf den Gedanken, dass es in einem Land, in dem die Frauen gleichberechtigt sein und behandelt werden wollen, für die Männer auch nicht einfach ist, sich immer richtig zu verhalten? Welche Frau beleidigt man mit dem Übernehmen der Rechnung und welche nicht?

Auch verfängt sie sich oft in Widersprüchlichkeiten. So z. B. als sie sich erst empört, dass die Deutschen ihre Küche nicht lieben - sie gehen zum Italiener, koch fremdländisch, aber ihre eigene ursprüngliche Küche umgehen sie nach Möglichkeit. Wie passt es dann, dass sie ihre Freundin umstimmt, als ihre diese sich bei Hatices Eltern für deren Gastfreundschaft, die sie schon so oft genießen durfte, bedanken möchte, indem sie diese zu einem richtig deutschen Essen bei sich zu Hause einladen möchte. Hatice schlägt vor, dass sie doch lieber etwas türkisches versuchen solle zu kochen, da ihre Eltern so offen nicht seien. Widerspruch und - noch viel schlimmer - verkehrte Welt. Fast könnte man meinen, man befände sich in der Türkei und es gezieme sich nicht, etwas Deutsches zu kochen, als sei es zu viel verlangt, dass man davon mal koste.

Aber damit komme ich auch zum anerkennenden Punkt: Sie zeigt mit diesen Beispielen (es gibt noch mehr davon) glaubhaft die Zerrissenheit einer Türkin mit deutschem Pass (so bezeichnet sie sich selbst) auf, die in Deutschland (oder weiter gefasst Europa) lebt. Was hätten wir letztendlich davon, wenn sie das Für und Wider beider Kulturen sorgsam abwägen würde, als betrachte sie es aus einer neutralen Position heraus? Jedenfalls keine ehrliche Meinung, keine persönliche und somit subjektive Innenansicht. Denn letztlich, bei all meiner Kritik für Teile ihres hier dargelegten Standpunkts, muss ich realistisch bleiben: So mag die Innenansicht einer türkisch-deutschen Frau aussehen, die - verständlicher Weise - die heimische Mentalität und die türkischen Traditionen im Herzen trägt. Seine Wurzeln kann und sollte ein Mensch nicht gänzlich verleugnen. Sie gehören zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme dazu. Und hierin liegt für mich die eigentliche Stärke dieses Hörbuchs. Deshalb 2 Sternchen in der Bewertung fürs "Gefallen" und 3 für die Bedeutsamkeit von Hatice Akyüns Innenansichten. Denn sie sollten uns interessieren, da wir - Türken und Deutsche - eng beieinander leben; einander verstehen kann Annäherung schaffen. Und sie regen - wenn der innere Protest gegen Hatice Akyüns undiplomatische Art nicht zu laut wird - auch zum nachdenken an: Über die eigene Mentalität und der Alternative, doch mal ein wenig aus sich herauszugehen um sich der Glut des Lebens und der Liebe hinzugeben. Und über unsere eigenen  Innenansichten zu unseren türkischen Mitmenschen; vielleicht verbergen sich hier ebensolche Halbwahrheiten (Fehlinterpretationen) und Vorurteile wie bei Hatice Akyün, die einfach daher rühren, dass hier zwei Kulturen aufeinander prallen, die so unterschiedlich sind? Und - ganz zum Schluss - verrät uns Hatice Akyün, dass sie nicht nur etwas auszusetzen hat an ihrem Leben in Deutschland. Sie gibt zu verstehen, dass ihr letztendlich auch bewusst ist, welche Vorzüge ein Leben hier andererseits hat.

Fazit: Trotz viel Kritik eine hörenswerte Innenansicht einer Türkin mit deutschem Pass und einem zerrissenen Leben zwischen zwei Kulturen mit leider entschieden zu langen Tracks (einige um die 25 Minuten lang!). (Petra)

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 20.02.2006, letzte Änderung am 05.03.2006, Layout by abrakan