Seit den frühen 70ern, als die legendäre Reihe
"Bibliothek des Hauses Usher" im Insel-Verlag erschien (HC auf grünem
(!) Papier) bin ich ein Anhänger der Welt von Howard Philip Lovecraft.
Er schuf einen kompletten und komplexen Mythos rund um uralte kosmische Wesen, die seit Anfang an auf der Welt sind und sie regierten und nur auf
ihre Wiedererweckung warten, um erneut die Herrschaft zu übernehmen.
Meine erste Begegnung mit ihm war der Band "Berge des Wahnsinns" und
seit dem rechne ich mich zu den Lovecraftianern.
Um so neugieriger war ich auf das Hörbuch "Der Cthulhu-Mythos", da
alle Filme und Hörspiele nach Lovecraft-Themen, die ich kenne, nicht den
wohligen Schauder-Effekt der Bücher herbeizaubern konnten.
Als ich die CDs in Händen hielt, machte sich etwas Enttäuschung breit,
denn 3 der 6 Geschichten waren nicht von H.P. Lovecraft. Die legte sich aber sehr
schnell, denn dieses Hörbuch hat etwas besonderes zu bieten: Als
Einführung erzählt H.P. Lovecraft humorvoll seine Lebensgeschichte (mit
der Stimme von David Nathan) und gibt auch eine Einführung zu jeder
Geschichte, die dann von Joachim Kerzel akzentuiert und markant gesprochen
werden. Dazwischen gibt es zum Erholen und Nachsinnen wunderbare mystische
Musik und Chorgesänge aus der düsteren Gothic-Ecke.
Es werden 6 Geschichten erzählt:
Der Ruf des Cthulhu von H. P. Lovecraft (die
längste Geschichte)
Der schwarze Stein von Robert E. Howard (u.a. dem Schöpfer von Conan)
Die Glocke im Turm von H. P. Lovecraft und Lin Carter
Warum Abdul Al Hazred dem Wahnsinn verfiel von D. R. Smith
Dagon von H. P. Lovecraft
Ein Porträt Torquemadas von Christian von Aster
Der Ruf des Cthulhu
Dies ist dürfte eine der bekanntesten und besten Storys sein. Auch als
Einführung ist sie besonderes geeignet, da ein Grossteil des
Cthulhu-Mythos hier angesprochen wird.
Die Geschichte folgt einem von vielen Grusel- und Horror-Autoren,
besonders von Lovecraft, genutztem Stilmittel: Ein Wissenschaftler findet
einen unglaublichen, warnenden, aber faszinierenden Bericht eines
Gestorben, vertieft sich in die Lektüre, stellt eigene Nachforschungen
an, findet weitere Quellen, die das gleich oder ähnliches schildern.
Diese Geschichte habe ich mir 4 mal angehört, obwohl sie gut gelesen
wird, denn sie hat mich nicht gepackt. Dann fiel mir das erste Mal auf,
dass keine Dialoge stattfinden, keine direkte Rede. Dadurch hat der
Sprecher auch wenig Möglichkeiten durch Stimmmodulation die Handlung zu
unterstreichen, auch stimmlich Spannung aufzubauen. Da sie auch die
längste Geschichte ist, wirkt das Geschilderte mit der Zeit ermüdend auf
mich, wie eine Aufzählung. Hier hätte ich mir etwas schauspielreiches
überbetontes Sprechen gewünscht.
Hier ein kleiner Text-Auszug (aus dem Buch):
"Das Ding kann unmöglich beschrieben werden - es gibt keine Sprache für
solche Abgründe brüllenden unvorstellbaren Irrsinns, für diese
Verneinung von Materie, kosmischer Gültigkeit und Ordnung. Ein Berg
bewegte sich wie eine Qualle, stolperte schlingernd einher. O Gott! war es
da zu verwundern, dass auf der anderen Seite der Erde ein großer
Architekt verrückt wurde und der unglückliche Wilcox in diesem
telepathischen Augenblick im Fieber raste? Das Ding der Idole, das
schleimgrüne klebrige Gezücht der Sterne, war aufgestanden, um sein
Recht zu beanspruchen. Die Planeten standen wieder in der richtigen
Position, und was ein jahrtausendealter Kult vergeblich beabsichtigt
hatte, das hatte durch Zufall ein Haufen nichtsahnender Seeleute
vollbracht. Nach Vigintillionen Jahren erblickte der große Cthulhu zum
erstenmal wieder das Licht, und er raste vor Lust."
Der schwarze Stein von Robert E. Howard.
Ein Gelehrter fährt ins ungarische Hinterland, um den Sagen um einen
schwarzen Monolithen nachzuspüren. Überraschender Weise findet er ihn
sehr schnell und muss feststellen, dass Sagen nicht nur Phantasiegebilde
sind.
Die Glocke im Turm von H.P. Lovecraft und Lin
Carter
In Paris lebt ein älterer unscheinbarer Mann, der unbegreiflicher Weise
bei jedem Glockengeläut schreckliche Schreikrämpfe bekommt.
Warum Abdul Al Hazred dem Wahnsinn verfiel von D.
R. Smith
Hier erfahren wir endlich mehr über den wahnsinnigen Araber Abdul Al
Hazred und dessen sagenumwobenes, in Menschenhaut gebundenes "Necronomicon",
das ein Schlüsselwerk des Cthulhu-Mythos ist und um das sich heute ein eigner
Kult gebildet hat (bei google.de - Seiten auf deutsch - ergab "Necronomicon"
ca. 11.500 Treffer, "Lovecraft" dagegen nur ca. 6.210)
Dagon von H. P. Lovecraft
Dies ist eine seiner früheren Storys, die aber bereits den Cthulhu-Mythos
in sich trägt.
Ein Porträt Torquemadas von Christian von Aster
Dies ist die Sieger-Story aus einem Kurzgeschichten-Wettbewerb. Obwohl
heute geschrieben, trifft sie voll die atmosphärische Tradition des
Mythos und zeigt, dass Cthulhu immer noch Anhänger um sich scharrt und um
seine Rückkehr kämpft.
Fazit: Zu den
Storys 2 bis 6 kann ich nur bewundernd sagen: gut ausgesucht und
hervorragend gelesen. Die Mängel aus "Der Ruf des Cthulhu" finden
sich hier nicht. Möglicher Weise, weil sie kürzer waren und auch der Stil
teilweise moderner.
Trotz der kleinen Schwäche insgesamt eine der
besten Umsetzungen des lovecraftschen Grauens außerhalb der Print-Medien,
dass hoffentlich bald Brüder und Schwestern bekommt.
Vielleicht finden dadurch noch mehr Leser zu
diesem Meister des spektakulären Grauens ohne übertriebenes
Blutvergießen. Denn Horror soll sich lieber im Kopf als in der Realität
abspielen. (Dyke)
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