1835 tritt der Arzt
Nicolai Röschlaub eine Reise nach Nürnberg an, die ihn zusammen mit seiner
Nichte in ein abseits gelegenes Kloster führt. Dort möchte er eine Schwester
Namens Magdalena besuchen. Da er die Schwester nicht sofort sehen kann muß
er eine Nacht im Gasthof verbringen. Die Geschichte, nämlich seine
Geschichte über das Buch in dem die Welt verschwand nimmt ihren Lauf,
Nikolai erinnert sich an das was etwa fünfzig Jahre zuvor geschah....
Um das Jahr 1780 passiert recht viel im Deutschem Reiche, die Französische
Revolution wirft ihre Schatten voraus. Es wird aufgeklärt und reformiert,
intrigiert und gespitzelt, gemeuchelmordet und gebrandschatzt,
Kaputzenmänner nennen sich Rosenkreuzer oder Illuminaten und, das fand ich
besonders schön, es wird eine Maschine zum Sternstaubsammeln gebaut.
Nicolai legt sich als junger Arzt mit den Etablierten seiner Zunft an und
ist offen für neue Erkenntnisse der Medizin. "Kleine Tierchen die man nicht
sehen kann" beispielsweise, könnten für die Übertragung von Krankheiten
verantwortlich sein. Nicolai macht sich unbeliebt, es ist doch viel
einfacher und bequemer mit Aderlass und Gebetbuch Kranke heilen zu wollen.
Eines schönen Wintertages wird Nicolai nun vom Kammerherrn Selling in das
Schloss des Grafen Alldorf gerufen. Dem Grafen geht es schlecht und wenig
später gibt es den ersten Toten, die Suche nach dem Buch in dem die Welt
verschwand beginnt...
Ausstattung:
Die Box, in der die
CDs lagern ist hübsch aus Pappe gestaltet. Das ausführliche Booklet
lesenswert. Die CDs stecken leider in verklebten Papiertütchen. Das hätte
einen Tick besser durchdacht sein können.
Über die Entstehung:
Im Booklet schreibt
der Autor Wolfram Fleischhauer dazu folgendes: "Ich hatte im Sommer des
Jahres 2001 einen ganz anderen Roman in Vorbereitung.....doch dann geschah
etwas Unfassbares (Der Anschlag auf das World Trade Center)....was zu einer
merkwürdigen Frage führte: Ist die Gegenwart überhaupt aktuell? Leben wir
überhaupt im 21. Jahrhundert?"
Und weiter schreibt der Autor: "Die eine, die "globalisierte" Welt, die das
Ende des kaltes Krieges scheinbar hinterlassen hatte, war offenbar eine
Illusion gewesen. Sie war aus den Fugen. Denn wo sollte man sich zwischen
diesen entsetzlichen Extremen positionieren: zwischen radikaler Aufklärung
und religiösem Fundamantalismus, zwischen Gentechnik und
Gotteskriegern?....kann die Gegenwart darauf überhaupt eine Antwort
liefern?....Muss die Gegenwart vielleicht ein wenig "nachsitzen", um sich
begreifen zu lernen?".
Und damit kommt Wolfram Fleischhauer zum Kern seiner Idee: "....fiel mir
(dem Autor) ein Aufsatz von Heinrich Heine in die Hände, der mir in
Erinnerung rief, dass wir den Zeitpunkt ja sehr genau kennen, als Sein und
Sinn, Welterkenntnis und Gotteserkenntnis, auseinander dividiert wurden,
Philosophie und Religion beschlossen, getrennte Wege zu gehen: 1781, das
Erscheinungsjahr von Immanuel Kants "Kritik der reinen Vernunft"...."
Meine Meinung:
Vorsicht Philosophie: Wer, unter
anderem, schon immer einmal wissen wollte, wie man einen Baum fällt ohne
das es jemand merkt, ja der sollte dieses Hörwerk unbedingt an seine
Ohren lassen.
Nachdem ich dieses Hörbuch gehört hatte, stellte ich mir die Frage, was
war das nun: Ein Krimi? Ein Thriller? Ein Liebesroman? Eine historische
Erzählung? Oder gar ein Standardwerk für Germanistik Erstsemester die
Immanuel Kant kennen- und verstehen lernen wollen?
Nun ja, das letztere wäre dann doch ein wenig vermessen, alle anderen
Stereotypen treffen aber durchaus zu, von allen ein wenig. Anfangs
dachte ich so bei mir, aha die CIA und STASI Methoden haben sich gar
nicht so sehr geändert, überwacht und unter Druck gesetzt wurde schon
immer gerne. Ist das nun die Botschaft die Fleischhauer mir mitgeben
möchte?
Ehrliche Antwort: Ich weiß es nicht. Wenn ich mir die Erläuterungen des
Autors zur Buchentstehung so anschaue, dann finde ich schon einiges was
dafür sprechen würde. Andererseits gab es Terror und Religionswahnsinn
auch schon immer, das ist keine Erfindung der Neuzeit. Also doch ein
"Kant für Anfänger"?
Ich denke, Wolfgang Fleischhauer hat das sehr geschickt miteinander
verwoben und man bekommt es eben nicht so einfach auseinander gedrösselt.
Historische Fakten sind in eine
spannende und gut erzählte Geschichte gepackt, ich konnte der Entwicklung
der Geschichte immer folgen, auch sind die Protagonisten bei Dialogen recht
gut zu unterscheiden. Und das liegt am Erzählstil des Autors, er liest sein
Werk ja selbst und er kann das auch. Anfangs fühlte ich mich etwas an
Frank Schätzing's Interpretationsstil
erinnert - Wolfgang Fleischhauer liest ähnlich, auch mit einer ähnlichen
Stimmlage (wenn man sich mal das "kölsche" wegdenkt). Es ist eine
unaufgeregte Sprechweise ohne großartigen Einsatz von Stimmvariationen. Das
mitkommen bei den verschiedenen Erzählsträngen wurde aber nicht
beeinträchtigt, eher im Gegenteil.
Mein Fazit: Ich konnte das Hörwerk teilweise auch Abends im Bett
anhören ohne einzuschlafen, das spricht eindeutig für den Sprecher und auch
für die Spannung. Das Ende und die Auflösung sind dann zwar nicht richtig
überraschend, aber logisch und haben mich zum nachdenken angeregt. Endlich
mal ein Schluss eben nicht "a la Illuminati", sondern die abschließende
offene Frage: Kann es das geben, Das Buch in dem die Welt verschwand? (Peka,
im November 2005)