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Rezension

Cover Herr Ober, bitte einen Tänzer!
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Lieber B.W.!

Schreiben Sie Ihre Memoiren eines Eintänzers. Das Einzige, was uns heute an der Literatur noch interessiert, ist der Rohstoff, aus dem sie gemacht wird. Das Leben, die Wirklichkeit, die Realität. Das Motto des Vitalismus lautet: "Alles Lebendige ist nur ein Gleichnis".

Ihr Klabund.

Berlin 1926. Billy Wilder ist pleite. Der Magen ist leer, die Hemdmanschetten sind gewendet, die Mietrückstände groß, die letzten Pfennige reichen für gerade mal vier Zigaretten: "Es ging mir schlecht." Die Rettung läuft ihm unvermittelt auf dem Potsdamer Platz über den Weg. In Person des international erfahrenen Gesellschaftstänzers Roberts. Dessen gediegener Lebensstil und prall gefüllte Brieftasche geben den Ausschlag. Der erst Zwanzigjährige ist gut gewachsen, versteht sich auf gesellschaftliche Umgangsformen und besitzt einen Smoking (der allerdings aus dem Pfandhaus geholt werden muss). B.W. wird Eintänzer. Und gibt sich sofort leichtsinnigen Tagträumen hin:

Die große Welt wird um mich sein. Im Tanzsaal sitzen schlankbeinige Frauen an kleinen Tischen, Mokka schlürfend. Sie setzen die Tasse ab und werden mich durch ihr goldgerändertes Stielglas mustern. Die Karminlippen zu einem süßen, unbefriedigten Lächeln verzogen. Auf meinem Scheitel werden die Blicke eifersüchtiger Gatten und geschniegelter Freunde brennen. Weinrotes Licht fließt ins Parkett. Die Spanier auf dem Podium quetschen einen Tango Argentino aus ihren Akkordeons und singen in fremden Akzenten. Ich werde mit einer Frau von exotischer Schönheit tanzen. Weiße gepuderte Arme liegen eng um meinen Nacken, "Narcisse noir" quillt aus ihrem Haar...

Tatsächlich erweist sich die neue Tätigkeit, obwohl nur für zwei Monate ausgeübt, als schwere Schufterei. Unter höchster körperlicher Anstrengung wollen selbst Mauerblümchen gepflückt sein. Das meiste Trinkgeld erhält der beste Psychologe. Niemand wüsste das besser als der illustre Kollegenkreis, zu dem sich B.W. im Berliner Hotel "Eden" gesellt: Willi, der Wiener, ehemals Zirkusartist; ein Papierfabrikvertreter, der nachmittags den Gigolo gibt; Kurt, magenkranker Teetrinker und arbeitsloser Klavierspieler; Miguel Ferrer, der feurige Spanier, der kein Wort deutsch spricht. 

Meine Meinung:

Also: Nicht sich dessen schämen, was man getan hat. Nicht einmal die Ausrede vorbringen: "Beruf ist Beruf" oder "Arbeit schändet nicht", sondern unumwunden.

Dieser Erkenntnis des erfolgreichen Hollywood-Regisseurs verdanken wir ein kleines, feines und vergnügliches Stück Kulturgeschichte, das die Atmosphäre des Berliner Nachtlebens der späten 1920er Jahre einzufangen versteht, daneben aber auch die Lebenssituation eines arbeitslosen Reporters, für den die viel beschworenen ‚Goldenen Zwanziger‘ nicht immer glänzend waren. Auf Anregung des Dichters Klabund, der beim Tanztee mit Bücherstapeln am Tisch sitzen blieb, während seine Frau mit Wilder tanzte, schrieb dieser im Januar 1927 für die "BZ am Mittag"eine Artikelserie über seine Erlebnisse als Eintänzer. Der Schauspieler Ulrich Tukur, der mit seiner Band "Die Rhythmus Boys" Tanzmusik der 1920er bis 1940er Jahre wieder zum Leben erweckt, liest diese Texte nicht einfach, er inszeniert sie und macht sie lebendig. Dazwischen interpretiert er Lieder wie "Lieber kleiner Eintänzer" von Willi Rosen, dessen Melodie zum Leitmotiv des Hörbuchs wird. (© Fevvers 2002)

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 20.10.2002, letzte Änderung am 30.05.2003, Layout by abrakan