Rezension "Anne Perry: Der Würger von der Cater Street"

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(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Wieder hat er zugeschlagen, der Würger von der Cater Street, doch das kann Charlotte nur heimlich der Zeitung entnehmen, denn Zeitung lesen ist nichts für die tugendhafte Tochter des viktorianischen Zeitalters. Was diese zu erfahren hat, das selektiert Edward Ellison, bevor er es seiner Frau und den Töchtern mitteilt.
Während Sarah diese Regeln mühelos befolgt, begehrt Charlotte, die jüngere, schon einmal auf. Wie soll sie so jemals einen Mann finden, zetert die Großmutter, aber zum Glück ist da ja auch noch Emily, die es sich zum Ziel gesetzt hat, einen reichen Aristokraten zu ehelichen.

Der Haushalt der Ellisons ist trotzdem in Aufruhe, denn nachdem der Würger auch noch ein weiteres Mal zuschlägt und die dritte Leiche, Lily das ehemalige Hausmädchen der Ellisons ist, steht eines schönen Tages Inspektor Thomas Pitt im Salon. Ungebeten verschafft er sich Zutritt und benimmt sich nicht gerade gentlemanlike. Er scheut sich gar nicht, die kleinen Lügen des Hausherren zu entblößen. Mord, das kann doch nicht ernsthaft etwas mit ihren Kreisen zu tun haben, davon sind die Ellisons überzeugt, doch langsam kriecht das Misstrauen gegeneinander in die Gespräche. Und der Würger ist noch immer nicht entlarvt...

Meine Meinung:

Anne Perry und 'historischer Kriminalroman des viktorianischen Zeitalters`', das kann man beinahe als Synonym betrachten. Der Würger von der Cater Street ist der erste Kriminalroman der Reihe um Inspektor Pitt. Wobei die Krimihandlung für mich nicht im Vordergrund steht, obwohl sie logisch ist und auch charakteristisch für die Zeit wirkt.

Die Studie der Gesellschaft ist es, die hier für mich in den Vordergrund tritt. Die Damen beginnen sich zu wehren. Frau ist nicht mehr zufrieden mit dem zugedachten Platz. Erste Anklänge von Aufbegehren werden sichtbar. Die feine Gesellschaft und ihre Spielregeln werden sehr genau portraitiert. Einer Frau von heute dürfte dauernd die Wut im Hals sitzen, wenn sie die Bevormundung der Herren einstecken sollte. Vater, Pfarrer und sogar die Frauen selbst halten es für selbstverständlich, dass Männer das Sagen haben.

Und dann kommt dieser Pitt daher und bringt Unruhe ins Leben der Ellisons. Er wagt es, die Frauen mit unschönen Tatsachen zu konfrontieren, und dem Herrn des Hauses unangenehme Fragen zu stellen. Da ist der Verlust der Privatsphäre schlimmer als die Tatsache, dass ein Mord zu klären ist. Der Inspektor jedoch, weckt das Bewusstsein der Familie, mit welchen Geschöpfen man es zu tun hat. Und das, ohne mit dem Holzhammer vorzugehen. Charlotte wird aus ihrem behüteten Leben gerissen, das ‚andere’ London? Davon hatte sie keine Ahnung, sie ist jedoch neugierig und offen. Ihre Reaktion darauf macht sie für Pitt nur noch interessanter. Da bahnt sich etwas an. Der Blick auf die vielen Folgeromane der Reihe verspricht da eine nette Entwicklung.

Genau wie die Lösung des Falles, der eine Überraschung birgt und zu Autorin und Geschichte passt.

Karl-Heinz Tafel liest diesen Roman wieder mit ausgeprägter Unterscheidung der Stimmen. Wie schon bei seinen anderen Krimi-Lesungen verstärkt er die Spannung. Wabernde Nebelschleier in London, Schritte auf der Gasse, die keifende Großmutter, der hysterische Mann, die verwunderte Charlotte, ... Er beherrscht sein Metier glänzend. Stimmungen werden verstärkt, Frauenrollen werden nicht überzeichnet – Da bleiben einem nur die Wünsche, er möge viele weitere Produktionen sprechen und Delta möge alle Pitt-Romane herausbringen.

Die rote Papphülle, mit den übernommenen Coverbildern von Dumont, ist so langsam ausstellungsverdächtig. Diese Reihe komplett im Hörbuchregal wird auch ein optischer Blickfang. Die Tracks sind benutzerfreundlich kurz, gehalten und der Preis stimmt auch - Hörerherz, was willst Du mehr?

Freunde des viktorianischen Krimis kommen hier voll auf ihre Kosten (Binchen, Juni 2006).

geht es zum Autorenbericht über Anne Perry des Buecher4ums, dort findet man die Reihenfolge der Pitt-Romane und neue Serienhelden.