Maigret versucht Weihnachten zu feiern, doch in diesem Jahr ist es ein besonderes Fest. Sein Vorsatz, nach dem Heiligen Abend einmal auszuschlafen ist für ihn nicht haltbar. Obwohl sich Madame Maigret die größte Mühe gibt mäuschenstill zu sein, wird er wach und beobachtet kurz darauf, wie sich zwei Frauen auf ihr Haus zu bewegen. Es scheint Besuch zu kommen.  

Und richtig, auch am Weihnachtsmorgen ist der Kommissar nicht ohne Fall. Da behauptet die kleine bettlägerige Colette doch, dass ihr in der Nacht der Weihnachtsmann die schöne Puppe gebracht hat. Dass er dabei die Dielen anhob um auch noch den Jungen im unteren Stockwerk zu besuchen, erschien dem Mädchen selbstverständlich, der Nachbarin und Monsieur Maigret kommt das jedoch merkwürdig vor.  

Und so entwickelt sich für Maigret am Weihnachtstag ein Fall in der eigenen Nachbarschaft, der den Tag dann doch noch spannend werden lässt.

Meine Meinung:

Maigret? Das ist doch der Kommissar aus den 50er Jahren? Zumindest für mich ist das so, Jean Gabin und Heinz Rühmann verkörperten ihn für mich als Schauspieler. Gelesen hatte ich noch keinen Roman von ihm. Zur Einstimmung auf das Gesamtwerk Simenons und auf Weihnachten war der Griff zu dieser Weihnachtsgeschichte erfolgreich.  

Zum einen ist der Sprecher Hans Korte mit seinem Timbre und seiner unangestrengten Art, ein angenehmer Sprecher für das Werk. Französische Namen klingen, wie sie sollen, einfach unaufdringlich, aber lebendig und stimmig liest er den Text mit leichten Variationen für die Figuren vom kleinen Mädchen bis zum enttäuschten Penner. 

Und dann erschließt sich in dieser kurzen Geschichte, ein Stück Maigret-Welt für mich. Allein die Beschreibung, wie er am Morgen aufwacht, wie er seine Frau beobachtet, wie er Weihnachten und den Abend vorher beschreibt, macht ihn mir sympathisch. Ein ehrlicher Mann ist es, der uns da beschrieben wird. Die vielen Details, wie er reagiert und agiert, lassen einen facettenreichen Menschen vermuten, den ich gerne näher kennen lernen möchte. Wenn Simenon auch seine Non-Maigrets so angelegt hat, dann sind mir die vermutlich noch lieber, weil sich der Suchtcharakter dabei hoffentlich eher eindämmen lässt.  

Wenig Wertendes, außer einer positiven Richtung für die Menschlichkeit, findet man in diesem Buch. Das machte die Geschichte ebenfalls sehr angenehm. Maigret kennt die menschliche Natur und verurteilt sie nur, bei Gier oder Niedertracht, so erschien er mir noch sympathischer.  

Einzig ein paar Verständnisprobleme, die ich auf fehlende Kenntnis der französischen Gegebenheiten der 1950er Jahre geschoben habe, konnte ich beim Hören nicht verdrängen. Kann ein Weihnachtsfest von älteren Damen in der damaligen Zeit wirklich so nüchtern abgelaufen sein? Gab es wirklich Läden, in denen man am 1. Weihnachtstag nicht nur Lebensmittel, sondern auch größere Anschaffungen (wenn ich hier schriebe was, wäre das ein Spoiler) machen konnte?  

An dieser Frage habe ich mich leider immer wieder festgebissen, weil ein Einkauf und die alltäglichen Handgriffe, die geschildert wurden, so wenig mit einem Weihnachtsfest zu tun hatten.  

Bei Maigrets Weihnachten handelt es sich um einen für ihn amüsanten Arbeitstag. Er hat daran Freude gehabt. Und ein Hörer, der sich nicht gerade auf Pathos, Gefühl und Kinderlachen eingestellt hat, wird diese Freude mit Maigret teilen. Eine Hörbuchempfehlung auch für Nicht-Weihnachtstage. (Binchen, Dezember 2006)