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Rezension

Cover Franz Kafka Tagebücher
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Dies ist die Vertonung von Franz Kafkas Tagebucheintragungen aus den Jahren 1912-1923 (Heft 5 bis 12), also kurz bis vor seinem frühen Tod 1924. Die letzten Jahre, in denen er schon von seiner Krankheit schwer gezeichnet war, aber auch denen, wo er als junger Mann mit der Frage beschäftigt war, ob eine dauerhafte Bindung für ihn realisierbar ist oder nicht. Ebenso ein Thema dieser Aufzeichnungen ist Kafkas Widerstreben gegen den Beruf, den er ausüben musste um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und der ihn nur an dem hinderte, was er eigentlich wollte: schreiben. Persönliche Einblicke, aus denen hervorgeht, wie sehr das Schreiben in seinem Leben im Vordergrund stand und die Dinge des alltäglichen Lebens, im Hintergrund und sein steter und sinnloser Kampf beides in Einklang zu bringen.

Meine Meinung:

Einblick in Kafkas Tagebücher zu erhalten, ist nicht nur Einblick in sein Leben und die Ereignisse, die diese Lebensabschnitte bestimmten, nehmen. In seinem speziellen Fall ist es darüber hinaus vor allem seiner Gefühlswelt einen Besuch abzustatten. Diese Welt ist ähnlich wie die in seinen Werken von ihm geschaffenen Welten, beinahe grotesk - ein Wort, das man in Zusammenhang mit Kafka immer wieder hört und liest. Es mag daher abgenutzt klingen, aber es ist das Wort, was Kafka und sein Universum am besten beschreibt.

In den hier vertonten Tagebucheintragungen schreibt er von seiner Einsamkeit und Isolation, hadert mit seiner Unfähigkeit menschliche Beziehungen aufzubauen, zeigt eine Zerrissenheit zwischen dem Wunsch sich einem anderen Menschen anzuschließen und der Angst durch diese Bindung seine schöpferische Kraft zu verlieren oder nicht genügend ausleben zu können. Seine Besessenheit für das Schreiben wird mit jedem Wort deutlich, so dass im Kopf des Hörers ein klares Bild von dieser Obsession entsteht, besser als jede Biografie über Kafka es je könnte. Wird in biografischen Abhandlungen von seiner Besessenheit gesprochen, die so weit ausartete, dass das Schreiben für ihn die einzige noch denkbare Existenzform darstellte, so kann man bei diesen persönlichen Eintragungen ein Gefühl davon bekommen, was damit gemeint ist.

Er vertraut den Seiten seiner Tagebücher auch seine Furcht vor dem Vater an sowie Details über seine Beziehungen zu Frauen. Doch stets scheint er außen vor zu bleiben, obwohl es hier sein eigenes Leben betrifft und nicht das einer seiner Romanfiguren. Er scheint alles, sich selbst eingeschlossen, als Außenstehender zu beobachten. Doch wahrscheinlich ist es seine Art, die Welt zu empfinden und Beziehungen wahrzunehmen.

Überrascht haben mich bei diesen Tagebuchauszügen die wunderschönen Sätze. Allein aus literarischer Sicht sind Kafkas Tagebücher ein Genuss. Worte und Satzgebilde so dunkel und schön wie die Nacht.

Dem Hörer wird mit diesen Tagebucheintragungen eine Tür zu Kafka geöffnet. Es ist kein kleiner Spalt, der offensteht, durch den man sich mühsam zwängen muss um dann, gerade in Kafkas ganz persönliche Räume eingetreten, zunächst im Dunkeln nach dem Licht zu tasten. Nein, diese Tür steht großzügig offen; man braucht nur eintreten und lauschen, der Sprecher hat dem Hörer die Arbeit abgenommen. Eine großartige Leistung von Axel Grube, der, bleiben wir bei dem Sinnbild, Kafka einen ausgiebigen Besuch abgestattet haben muss in seinen persönlichen Gefilden. Es wäre ihm sonst nie so perfekt gelungen, Kafkas Gedanken und Gefühle an die Oberfläche zu transportieren, so dass der Hörer sie nur noch aufzusaugen braucht. Mir war, als lauschte ich Kafka selbst und nicht Axel Grube, der, so scheint mir, Kafkas Gefühlswelt verstanden, ja, gar verinnerlicht hat. Auf den Hörer - zumindest soweit es meine Person betrifft - überträgt er dies Verständnis für Kafka mühelos, was eine sprecherische Höchstleistung ist, denn Kafka verstehen, muss man sich eigentlich hart erarbeiten.

Nun ist es schön, wenn wir einen Menschen verstehen. Besonders jemanden, der so eigen und anders ist. Worin jedoch für mich ein bald noch größerer Gewinn hierbei liegt, ist, dass mir dieses neue innere Verständnis behilflich ist, Kafkas Werk zu verstehen. Durch diese Begegnung mit dem Menschen Kafka, wird die Neugierde auf sein Schaffen noch größer.

Verbunden sind die einzelnen Tagebucheinträge durch Einspielungen aus Kol Nidrei op.47, die ein absolut stimmiges musikalisches Bindeglied darstellen und dazu verhelfen, dass die Auszüge an keiner Stelle abgehackt oder nicht zusammengehörig erscheinen. Anstattdessen rundet es dieses durch und durch gelungene Kunstobjekt - das es ohne jede Frage eindeutig ist - harmonisch ab.

Diese durch und durch ästhetischen Worte und Sätze, die aus Kafkas Feder stammen, bedürfen der besonderen Umgebung. Und die fängt für mich dort an, wo es um Verpackung geht. Kafka in Plastik? Gut, etwas groteskes hätte das! Aber es würde für meine Begriffe Kafkas düsterer Gefühlswelt und seinen wunderschönen Worten nicht gerecht. Der Verlag onomato steht für mich ganz oben, wenn es um Stil, Ästhetik und Kunst am Objekt geht. Kafkas vertonte Tagebücher sind deshalb bei onomato, im wahrsten Sinne des Wortes, bestens aufgehoben: Die CD ist verpackt in eine Klappbox aus naturbraunfarbenem handgeschöpften Papier, zusammengehalten von einer feinen Kordel und bedruckt mit einer schwarz-weiß Fotografie von Franz Kafka. Ausgeschlagen ist diese Schachtel mit schwarzem Samt, was vorzüglich zur Düsternis und Schönheit seiner Worte passt. Formvollendet - ein Sammlerstück! Wie man es von onomato kennt. (Petra)

Hinweis: 

Dieses Hörbuch ist auch als Hörheft erhältlich. Hörhefte sind die äußerst kundenfreundliche Idee von onomato. Wer nicht so viel Geld für das Hörbuch aufbringen kann oder will, weil der Preis durch die aufwändige Aufmachung steigt, der kann auch die abgespeckte Form, das Hörheft haben. Das Optische ist fast gleich. Bis auf dass das Hörheft keine Schachtel und auch nicht mit Samt ausgeschlagen ist. Es wird jedoch auch mit einem Faden zusammengehalten und die anderen Materialien und die Gestaltung sind ansonsten identisch.

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 25.05.2003, letzte Änderung am 25.09.2003, Layout by abrakan