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Rezension

Cover Die Pest zu London
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Im Jahr 1664 brach in London zum vierten Mal die Pest aus. Zu dieser Zeit war Daniel Defoe fünf Jahre alt. Später schrieb er anhand von Augenzeugenberichten und Recherchen von schriftlichen Quellen einen fiktiven Augenzeugenbericht über die Epidemie, der rund 100.000 Menschen zum Opfer fielen.

Veröffentlicht wurde Defoes „Tagebuch aus dem Pestjahr“ anonym, wie die meisten seiner Werke. Das führte dazu, dass dieser Bericht lange Zeit für einen authentischen Bericht gehalten wurde.

Defoes Erzähler schaut sich um im London zur Zeit, als der schwarze Tod einzog, um tausende und abertausende von Menschen dahinzuraffen. Er beobachtet den aus der Not und Verzweiflung entstandenen Irrsinn der Menschen, die Schutz und Hilfe suchen, hört die Schmerzensschreie und das Wehgeklage der Angehörigen. Auch vor den Massengräbern macht er nicht Halt. Doch nicht etwa weil er schaulustig ist. Alles hätte er dafür gegeben, sich in seinem Haus einzusperren, um sich in Sicherheit zu bringen. Doch raus mussten die Menschen alle, spätestens, wenn die Nahrungsmittelvorräte zur Neige gingen. Wegschauen war nicht möglich, da es keine Ecke in ganz London gab, die verschont blieb. Infizierte, Schreiende, Tote überall. Und zwischen ihnen Menschen, die aus der Not noch Geld schlagen wollten - wie die Menschen nun einmal sind...

Meine Meinung:

Sehr wahrscheinlich geht es nicht nur mir so. Wenn ich das Wort „Pest“ höre, ist es für mich ein Wort. Nicht mehr, nicht weniger. Was die Pest aber wirklich war und für tausende und abertausende bedeutete, das kann ich mir nicht vorstellen. Vor dem Hörbuch gerade mal in kleinsten Ansätzen, die stets nur in Floskeln mündeten, wie ’schlimm, schlimm’. Jetzt aber, nach dem Hörbuch, habe ich ein Bild im Kopf. Ein Schreckensszenario, eine Horrorvision, die bestimmt immer noch nicht ansatzweise an die Wahrheit herankommen wird. Wie es damals gewesen sein muss, so meint auch der Erzähler in Daniel Defoes „Die Pest zu London“, kann sich jemand, der nicht dabei war, nicht im geringsten vorstellen. Dazu fehlt das Vorstellungsvermögen.

Im Grunde kann ich auch froh darum sein, es mir nicht in voller Intensität ausmalen zu können. Denn was ich hier gehört habe, reicht - völlig! Dermaßen authentisch kommt die Berichterstattung des stillen Beobachters in Defoes Geschichte herüber, dass einem Angst und Bange wird. Gert Westphal tut ein Übriges, mit seiner eindringlichen und dennoch sachlichen Art, die Fantasie des Hörers anzuregen, so dass sich vor dem inneren Auge das Bild Londons manifestiert, wie es war zu der Zeit, als dort die Pest wütete und die Menschen zu Tausenden unter unsäglichen Schmerzen dahinraffte. Wie die Angehörigen weinten und schrien, wenn die Toten zu Grabe getragen wurden, bzw. auf Karren gestapelt wurden und in Massengräber geworfen wurden, wie sie sich gegenseitig ansteckten,... unbeschreiblich.

Und doch - trotz, dass es unbeschreiblich ist - ist es Daniel Defoe gelungen, so glaubwürdig darüber zu berichten. Und genau hier liegt wohl auch der Punkt, warum ihm das so ausgezeichnet gelungen ist: Er schreibt in Form eines Berichts. Zwar ist dies, darüber gibt das 16-seitige booklet des Hörbuchs Aufschluss, ein fiktiver Bericht, doch zum einen wusste das lange Zeit kaum jemand und zum anderen hat sich Defoe Augenzeugenberichten und einiger schriftlicher Quellen bedient, so dass es im Grunde gleichgültig scheint, ob er es nun selbst erlebt hat oder die Erinnerungen anderer niederschrieb. Fakt ist, dass er das Gefühl vermittelt, mitten dabei zu sein - und das ist das blanke Entsetzen!

Ganz nebenbei erfährt man hier auch einiges über die Menschen von damals. Aus heutiger Sicht erscheint es sehr dumm, dass sich einige Menschen in ihrer Verzweiflung an Gott gewandt haben. Abergläubisch haben sie versucht sich mit Wundermitteln oder Amuletten vom schwarzen Tod fernzuhalten. Vergebens natürlich! Nur zu gern haben sie sich von raffgierigen Betrügern vorgaukeln lassen, sie könnten sich ganz einfach vor der Ansteckung schützen, in dem sie für teures Geld Mittelchen kauften, deren Wirkung natürlich gleich null war.

Besonders wertvoll ist dieses Werk von Defoe auch in medizinisch-historischer Hinsicht. Denn die Entwicklung seit dieser Zeit im medizinischen Bereich wird durch „Die Pest zu London“ sehr deutlich, zumal wir es hier durch Defoe zumindest fast aus erster Hand erfahren, der in dieser Zeit geboren war.

Bei aller Schrecklichkeit, die der Hörer hier zu hören bekommt, sollte man nicht weghören. Dies ist etwas, was viele unserer Vorfahren erlebt haben - zum Glück auch einige überlebt, sonst gäbe es uns nicht. Und sicher kann aus der heutigen Sicht niemand mehr so authentisch darüber erzählen wie Defoe es damals vermochte. Denn in diese Zeit und diese Situation kann man sich kaum mehr hineinversetzen, weil wir es zum Glück nicht miterleben mussten. Einen Bericht, der der Wirklichkeit so nahe kommt schreiben zu können, wird hoffentlich niemand mehr Gelegenheit bekommen! (Petra)

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 10.08.2003, letzte Änderung am 09.09.2003, Layout by abrakan