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Rezension

Cover Nirgendwo in Afrika
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:  

Es ist unser Schicksal, überall ein bisschen unglücklich zu sein.

Walter Redlich, jüdischer Rechtsanwalt aus Schlesien, dem die Zulassung entzogen wurde, fürchtet um das Leben seiner Familie. Zu Beginn des Jahres 1938 wandert er nach Afrika aus, um für seine Ehefrau Jettel und die kleine Tochter Regina ein neues, sicheres Zuhause zu suchen. In Kenia findet er eine Anstellung als Farmverwalter und kann Frau und Kind nachkommen lassen.

Während Walter gewissenhaft seiner neuen, schlecht bezahlten Tätigkeit nachgeht, fühlt Jettel sich einsam und leidet unter der ungewohnten Armut. Sie vermisst ihren früheren gesellschaftlichen Status. Regina hingegen lebt regelrecht auf. Sie lernt mühelos Englisch und freundet sich schnell mit den schwarzen Angestellten an, spricht bald sogar deren afrikanische Dialekte.

In der Zwischenzeit treffen immer mehr "Refugees" in Kenia ein, zuweilen laufen sich unvermutet Freunde und Bekannte über den Weg. Als die Nachricht vom Ausbruch des Zweiten Weltkrieges eintrifft, werden die ungeliebten "Enemy Aliens" von den britischen Kolonialherren verhaftet und in Nairobi vorübergehend festgesetzt, sogar Frauen und Kinder. Nun gibt es keine Hoffnung mehr für die verbliebenen Angehörigen, aus Deutschland lebend heraus zu kommen. Jettel bricht zusammen, als ein kurzer Brief ihrer Mutter umschreibend von einem bevorstehenden "Arbeitseinsatz" in Polen berichtet. Ihr ist klar, dass das KZ-Haft und Vernichtung bedeutet. Das ursprünglich für Schiffspassagen gesparte Geld wird nun in Reginas Schulbildung gesteckt, die sich im Internat bald als begabte Schülerin erweist.

In den letzten Kriegsjahren lässt Walter sich vom britischen Militär anwerben. Jettel ist froh, die abgelegene Farm verlassen zu können und gesellt sich in Nairobi zu anderen ImmigrantInnen. Sie fängt sogar an, in einer Bar zu arbeiten. Die Eheleute werden sich fremd, doch stellt die Geburt des Sohnes Max das Familienglück wieder her. Zumindest vorübergehend, denn nach 1945 wird die Befürchtung, dass viele Verwandte und Freunde den Tod gefunden haben, zur traurigen Gewissheit. Gleichzeitig stellt sich die Frage: Sollen wir nach Deutschland zurückkehren? Walter vermisst sein Heimatland schmerzlich, trotz der Verbrechen die während des Dritten Reiches geschehen sind. Jettel und Regina jedoch möchten in Afrika bleiben.

Meine Meinung:

Anders als bei der Audioaufnahme des Nachfolgers "Irgendwo in Deutschland" entführt die dunkle Stimme von Franziska Pigulla die HörerInnen unmittelbar in die geheimnisvolle Welt Kenias, in der es vor allem für Regina viel zu entdecken gibt.

Um eine Idylle handelt es sich mitnichten, daran lässt Stefanie Zweigs autobiographisches Buch keinen Zweifel. Sie erzählt uns aus eigener Erfahrung, dass es eine Sache ist, seine physische Existenz zu retten, aber eine völlig andere, sich in einer fremden Kultur zu bewegen und um Akzeptanz zu ringen. Die jüdischen Emigranten sind, wenn überhaupt, nur als billige Arbeitskräfte willkommen und erfahren auch in Afrika latenten Antisemitismus. Die eigene Identität wird auf den Kopf gestellt. Da flieht man vor den Deutschen, um nur wenig später von den Briten als deutscher Feind interniert zu werden. Wen soll man für sein Schicksal verantwortlich machen oder sogar hassen? Die Deutschen als solche, so wie es die kleine Inge tut, deren Vater und Onkel in Dachau misshandelt wurden, oder nur die Nazis, so wie es Walter seiner Tochter erklärt?

Stefanie Zweig schildert einfühlsam, aber unerbittlich, wie es Regina trotz aller Schwierigkeiten gelingt, sich ihre neue Umgebung zu erobern. Und wie ihre Eltern zu scheitern drohen, sie sich nur mühsam zurecht finden und auch noch nach Jahren gefangen bleiben in alten Lebensumständen und Erinnerungen. (© Fevvers 2002)

Meine Meinung:

Wahrlich mehr als ein Buch: Ein Stück Lebensgeschichte - ein Stück Zeitgeschichte. Von der Komplexibilität her schier erstaunlich.

Einen beinahe unangenehmen Einblick erhält der Hörer in die Bedeutung dessen, was es heißt, seine Familie zurückzulassen, seine Habe, seine Bleibe, seine Heimat - ja, alles, was das Leben bisher ausgemacht hat, um im absoluten NIRGENDWO zu stehen. Der Titel des Buches ist daher absolut passend. Ebenso wie der, der Fortsetzung „Irgendwo in Deutschland".

Denn genau das ist dieser Familie - es handelt sich hier um einen autobiographischen Roman - passiert. Erstaulich, wie es diesen drei sehr unterschiedlichen Menschen gelingt, sich mit der Entwurzelung abzufinden und - jeder auf seine Weise - Fuß zu fassen in der Fremde und in der Einsamkeit, fern von allem Gewohnten und Vertrauten.

Am Verlust von Hab und Gut, den diese Menschen erleiden mussten, wurde mir deutlich bewusst, was wir Menschen, die wir im Überfluss leben, alles haben und wie wenig wir eigentlich brauchen. Wie wichtig auf einmal Nahrung, Wasser und das blanke Leben werden kann.

Auch eine wichtige Erfahrung, die diese Familie dort gemacht hat ist die, wie wichtig es ist in einem fremden Land angenommen und akzeptiert zu werden. Daraus können wir für unser eigenes Leben und unseren eigenen Umgang mit Ausländern lernen.

Und dass wir, die wir in der so schön bezeichneten Zivilisation leben, in elementaren Dingen den Naturvölkern weit unterlegen sind. In unserem Hochmut sollte uns dies ein kleiner Denkanstoß sein.

Stefanie Zweigs liebevoller Blick auf die Menschen des schwarzen Kontinents ist wohltuend und nimmt nicht nur der Familie Redlich viel von dem Schmerz, der ihnen zugefügt wurde, sondern wärmt auch das Herz des Lesers.

Franziska Pigulla versteht es, dies durch ihre Stimme an den Hörer weiterzugeben. Ihre spröde Stimme entspricht genau dem Charakter der Erzählung, die durch ihre nüchterne Sprache besticht und übertriebene Sentimentalität ausspart. Aber auch passt sie exzellent zum rauen, geheimnisvollen Afrika.

Ich empfinde für jede der Personen dieser Geschichte - sowohl der verwöhnten Jettel, als auch dem manchmal zu sachlichen Walter, sowie der für ihr Alter unglaublich souveränen Regina - tiefe Bewunderung.

Fazit: Ein durch und durch wichtiges Buch in gelungener Umsetzung als Hörbuch. Lediglich eines hätte ich mir wirklich anders gewünscht: Die CDs sind nicht in Tracks unterteilt, was das wiedereinsteigen sehr erschwert, wenn man während des Hörens unterbrochen wird. Der Story und der wundervollen Interpretation Franziska Pigullas tut das natürlich keinen Abbruch! (Petra)

Button HIER klicken gibt es eine Rezension zur Fortsetzung "Irgendwo in Deutschland"!

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 27.11.2002, letzte Änderung am 30.05.2003, Layout by abrakan