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Rezension

Cover Nachtzug nach Lissabon
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:  

Jeder lebt nur einen kleinen Teil dessen, was in ihm ist. Doch was geschieht mit dem Rest?

Ein neues, ein anderes Leben, das versucht Raimund Gregorius, als er, der immer korrekte Berner Lateinlehrer, eines Tages den Unterricht verlässt und nicht mehr wieder kommt. Die denkwürdige Begegnung mit einer portugiesischen Frau hat in ihm den unwiderstehlichen Wunsch geweckt, nach Portugal zu reisen – besser gesagt, dort ein neues Leben zu beginnen. Nicht ihr Äußeres war es, das ihn so verlockte, sondern ihre Sprache. Gregorius, dessen Leidenschaft schon immer den Sprachen galt, will den Wohlklang der Worte, den diese geheimnisvolle Frau verbreitete, noch einmal kosten. Als er sie nicht finden kann, zieht es ihn in ein Antiquariat, in dem er das Buch eines portugiesischen Schriftstellers namens Amadeu de Prado entdeckt. Er versinkt zunächst in der portugiesischen Sprache und schon bald in den philosophischen Gedanken Prados. Sein Ziel ist es, mehr über diesen ungewöhnlichen portugiesischen Schriftsteller, Arzt und Widerstandskämpfer zu erfahren. Er kauft sich eine Fahrkarte – nur Hinfahrt – und reist per Zug in das ihm unbekannte Land und lässt sein Leben zurück. Diese Reise führt ihn in Prados Vergangenheit und somit auch in die jüngste portugiesische Geschichte, sowie in die beeindruckenden und zugleich faszinierenden philosophischen Gedankenwelten Prados.

Auf dieser Reise begegnet Raimund Gregorius vielen Menschen – doch ganz besonders sich selbst.

Meine Meinung:


Kann der totale Ausbruch eines stets korrekten, ja, langweiligen und eingefahrenen Menschen, überhaupt überzeugend geschildert werden? Beeindruckender Weise ist es möglich. Pascal Mercier geht äußerst sensibel vor. Raimund Gregorius – auch Mundus genannt – bricht nicht wegen einer Liebschaft aus. Eine Frau ist lediglich der Auslöser. Was ihn lockt – ich muss es wiederholen – ist die Sprache. Und dass diese Mundus den Kopf verdrehen kann, glaubt man sofort. Somit sehr behutsam von Mercier angezettelt. Raimund Gregorius Flucht aus dem alten in ein neues Leben wirkt plausibel.

Seine Gedanken während des Aufbruchs, während der Zugfahrt und nach seiner Ankunft in Portugal tragen zu seiner Glaubwürdigkeit bei. Pascal Mercier hat wirklich unnachahmlich eingefangen, was einem Menschen durch den Kopf gehen mag, wenn er alles Vertraute hinter sich lässt. Ein Wechselbad zwischen Euphorie und Unsicherheit. Die Angst vor der eigenen Courage bricht stets unvermutet über Mundus herein. Und nicht nur einmal ist er in Versuchung, wieder umzukehren.

Eine weitere Stärke des Romans sind die philosophischen Passagen aus Amadeu de Prados Buch, in das Mundus immer wieder abtaucht. Diese Textstücke strahlen vollkommene Ruhe aus und sind doch so unglaublich gewaltig in ihrer Wirkung. Sehr interessante Gedanken über das Leben der Menschen. Das nach außen getragene und das innen gelebte. Diese Ausflüge in die Welt der Philosophie sind es, für die ich diese Erzählung wirklich liebe.

Ganz gewiss keine leichte Kost. Es braucht einiges an Geduld, um dies alles vollends zu erfassen und zu würdigen. Mercier nimmt sich Zeit für jede Szene. Seine Vorgehensweise ist nicht ein Schlag auf Schlag. Es ist vielmehr ein mit dem Auge über die Szenerie fahren, ein heranzoomen spezieller Momente. Einige Szenen brennen sich dadurch nahezu ein.

Eine ruhige Geschichte, sachter Erzählton, doch nie lau. Immer aussagekräftig und konstant. Pascal Mercier findet eine schöne Sprache, einen schönen Stil. Unzählige tiefe Gedanken und brillant beschriebene Szenen und innere Auseinandersetzungen, wie z. B. der innere Kampf mit der getroffenen Entscheidung. Das fest an die Richtigkeit des Schritts glauben, das in nächster Minute daran zweifeln. Philosophische Betrachtungen über die ungelebten Möglichkeiten, die hinter den gelebten schlummern. All das macht dieses Buch aus.

Wenn dieses Buch eine Stimme hat, dann die von Walter Kreye! Sein Tonfall ist so exakt der des Buches, dass man nur staunen kann. In der Vorlage sind viel portugiesische Namen enthalten. Ja, sogar Sätze, die nicht übersetzt wurden. Das ist ein passend gewähltes Stilmittel, da Mundus sich ja von dieser Sprache so faszinieren lässt. Diese nicht nur geschrieben zu sehen, sondern – durch eine Lesung erst möglich – gesprochen zu hören, verstärkt sowohl die Atmosphäre, als auch den Genuss. Zumal Walter Kreye diese Passagen hervorragend meistert.

Auch kann das Hörbuch eine leichte Schwäche der Vorlage ausgleichen. Wie schon gesagt, erfordert die Geschichte Geduld. Für die Lesung wurde das Buch gekürzt. Wer beides kennt, merkt, dass das behutsame gleiten von einer Episode zur nächsten, gestrafft ist. So vermittelt das Hörbuch, anders als das Buch, zwar das Gefühl, als reihe Mundus seine Besuche bei Menschen, die Prado kannten, direkt aneinander. Aber die Geduld wird auf der anderen Seite auch nicht ganz so überstrapaziert, wie es beim Buch der Fall ist. Die Kürzung der Vorlage wirkt wohltuend. Einzig die philosophischen Stücke eignen sich in gedruckter Form besser, weil ein Leser selbst das Tempo vorgibt und die Möglichkeit besteht, eine Weile innezuhalten. Das kann ein Hörbuch nicht leisten – der Sprecher erzählt weiter. Aber auch das gelingt Walter Kreye durch eine ihm eigene innere Ruhe, die er an den Hörer weiter gibt, exzellent. (Petra)

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 23.03.2006, letzte Änderung am 24.06.2006, Layout by abrakan