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Rezension

Cover Die Leopardin
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Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

2. Weltkrieg - Juni 1944 - kurz bevor die Invasion in die Normandie startet, erlebt die Engländerin Felicity Clairet, genannt Flick, oder DIE LEOPARDIN, ein Desaster. Der Anschlag auf die zentrale Telefonanlage der deutschen Besatzer in einem Château bei Reims, den sie entscheidend geplant hat, misslingt. Es gibt Tote und leider auch Überlebende, die gefangen genommen und gefoltert werden können auf der Seite der Résistance. Am Tage dieser Niederlage lernt sie unbewusst auch ihren Widersacher, Major Dieter Franck, einen direkten Untergebenen von Wüstenfuchs Rommel, kennen. 

Zur Wiederherstellung ihres guten Rufs, und um doch noch die Telefonzentrale zu zerstören, ersinnt Flick einen wahnwitzigen Plan: Eine getarnte Putzkolonne soll die Zentrale zerstören. Was sie dafür braucht sind: 5 Frauen, die fließend französisch sprechen und etwas vom Schiessen, Kommunikationstechnik und/oder vom Sprengstoff verstehen. Frauen, die zur Not auch bereit sind ihr Leben zu opfern. Für die Erfüllung des Planes bleiben höchstens noch 10 Tage Zeit.

Die Bedingungen sind nicht sehr erfolgversprechend, denn gegen Kriegsende sind alle wirklich geeigneten Frauen entweder tot oder schon im Einsatz. Die illustre Gesellschaft, die zur zweitägigen Kurzausbildung herangezogen wird, ist ein zusammengewürfelter Haufen aus: einer Mörderin, einer Aristokratin, die gerne schießt, einer ältere Panzerschrankknackerin, einer notorische Lügnerin und einem Transvestiten. 

Währenddessen unterwandert Major Franck die Résistance-Gruppe um Reims. Durch geschickte und brutale Foltermethoden erfährt Franck wichtige Details und lockt so immer mehr Résistance-Kämpfer ins Verderben. Doch auch er ist verletzlich, schließlich arbeitet die Gestapo gegen ihn und die Liebe zu Stephanie, einer französischen, jüdischstämmigen Frau lässt ihn nicht unberührt.

Meine Meinung:

Das Hörbuch wird gelesen von Franziska Pigulla und Joachim Kerzel (z.B. auch der Sprecher von Jack Nicholson). Die Idee dieses Buch von einem Sprecherduo bestreiten zu lassen ist brillant. Die Verteilung auf die zwei Seiten der Story wird so eindrücklich unterstrichen, das Zuhören über die Gesamtlänge wird erleichtert. Noch dazu sind beide Sprecher glänzend gewählt. Die Stimmungslagen von Flick werden durch Franziska Pigulla eindrücklich wiedergegeben. Notwendige Brutalität, Wut und Unverständnis gegenüber Vorgesetzten, aber auch Liebe und sanfte Seiten werden praktisch greifbar. Dieter Francks Profil wird von Joachim Kerzel sehr differenziert klar, seine Migräneanfälle sind genauso glaubhaft, wie seine Foltermethoden oder auch die Liebe zu Stephanie.

Die Art der Inszenierung zeugt einmal mehr von der Qualität der Lübbe-Produktionen. Bisher (siehe auch z. B. "Die Giftköchin", "Das Jesus-Video" oder "Nells geheimer Garten") ist es gelungen dem Buch die besten Seiten für eine Hörbuchproduktion abzuringen. Es wird nicht einfach ein Sprecher genommen, der vorliest, sondern eine eigenständige bemerkenswerte Hörbuchproduktion erstellt. Mit dem Sprecherteam hier, führt wieder einmal eine gute Idee zu einer auffälligen Hörbuchproduktion.

Technisch unauffällig, also mit kurzen Tracks, Plastikbox und freundlich gestalteten CD-Labels sind auch die Aspekte, die nebenher bei einer Produktion zu beachten sind nicht negativ.

Der Inhalt des Buches liegt ganz auf der Wellenlänge von 'Die Nadel' oder 'Nacht über den Wassern', der Reihe von Ken Follett, die sich mit dem 2. Weltkrieg auseinandersetzt. Hier gelingt es ihm wieder einmal, sich glänzend in diverseste Frauen hinein zu versetzten. Die differenzierten Charaktere der Einsatztruppe dürften im Buch sicherlich noch besser zur Geltung kommen, als in der vorliegenden gesprochenen Form. Jedoch erreicht Franziska Pigulla durch die Variation von Stimmlagen und Ausdrucksweise schon eine ausdrucksstarke, eindringliche Unterscheidung.

Diese Passage der Truppzusammenstellung hat es mir besonders angetan, wie können sich Frauen unter extremen Bedingungen darüber hinwegsetzten, dass sie nicht optimal zusammen passen? Ausländerfeindlichkeit, Aversionen aufgrund von Herkunft oder Stand oder auch Vorurteile gegenüber Transvestiten oder Lesben prägen das Team, das es trotzdem schafft eines zu werden. Nicht ohne Rückschläge zwar, aber sie raufen sich zusammen.

Dieter Franck, der Flick trotz allem widerwilligen Respekt entgegen bringt, wird auch aus schillernden Perspektiven gezeigt. Als aufgeweckter Beobachter, cleverer Stratege, Liebhaber und auch als Folterer. Nicht alle davon sind liebenswert, aber alle sind vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs für mich vorstellbar.

Ob die Schilderung der brutalen Foltermethoden, besonders am Ende, wirklich so deutlich ausfallen musste, ist eine Frage, die ich mir am Ende stellte, aber die, die mir im Gedächtnis haftet, ist die Frage nach den Opfern dieser Aktion.

Wer hat hier durch den Krieg am meisten verloren? Wer ist wirklich bestraft worden? Wieder einmal die, die nicht selbst eingreifen konnten – oder? Ich bin gespannt, wie die anderen HörerInnen die Schlussszene deuten. (Binchen, im Juni 2003)

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 14.06.2003, letzte Änderung am 10.09.2003, Layout by abrakan