Banner Hoerbuecher4um
Button Home Button Rezensionen Button Neuigkeiten Button Diskussionsforum

Rezension

Cover Familienlexikon
Kategorie:
Genre:
SprecherInnen:
Regie:
Medium:
Laufzeit:
Verlag:
Preis:
ISBN:
Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Facetten einer italienischen Familie in den Jahren des Faschismus (1930/40)  

Die Zeit des Faschismus aus einer anderen Sicht, so könnte man den Inhalt des Hörbuches auch beschreiben. Wir lernen eine italienische Familie mit bemerkenswerten Charakteren kennen. Den Vater vor allem, ein Anatomie-Professor mit einer eigenen Ansicht über einfach alles; die Mutter scheint so beeinflussbar, jedoch weiss sie recht genau, was sie will. Kinder, Dienstboten, Kollegen – die Brille, durch die sie beschrieben werden, ist die von Natalia Ginzburg, Tochter, Schwester und Begleiterin der Zeitepoche.

Der Blick bleibt jedoch nicht auf die Familie beschränkt. Der Faschismus, die zeitlichen Umstände in Italien und Frankreich, Entwicklungen in der Industrie und bekannte Persönlichkeiten gehören ebenso dazu.

Meine Meinung:

Eine Geschichte, der anderen Art. Anders sind augenscheinlich besonders zwei Gesichtspunkte für mich: Zum einen kenne ich Faschismus bisher vor allem aus der Sicht der Deutschen, zum anderen ist der Stil hier bemerkenswert.  

Allerlei Facetten, Schnipsel und Begebenheiten der Protagonistenfamilie werden hier vor uns ausgebreitet. Der Vater, der seine Anschauungen als Familiendoktrin postuliert, ist dabei beherrschend. Familienmitglieder werden in einigen Eigenarten skizziert, ergänzt werden Außenstehende, die durch Arbeit und Kontakte mit der Familie in Verbindung treten. Wer hier jedoch eine umfassende Familienbiografie erwartet, der liegt völlig daneben. Einsprengsel, Stückchen, hier ein wenig, da ein wenig mehr, von Hölzchen auf’s Stöckchen … diese Begriffe charakterisieren die Art, wie wir mit der Familie bekannt gemacht werden.  

Dabei ergibt sich ein Bild, wie es vor den Augen entsteht, wenn man ein Puzzle zusammensetzt. Allerdings ist es nur ein Eckchen eines großen Puzzles, was wir hier erkennen können. Kein Spannungsbogen, kein echter Anfang, kein Ende – Mitten hinein – und auch genauso wieder heraus – so tritt man mit der Geschichte in Kontakt.  

Ob ich mit solch einer Familie gerne Kontakt hätte? Ich glaube es nicht. Wärme ist nur in Ansätzen zu finden. Besonders der Vater ist so sehr egozentrisch eingestellt, dass man ihm Sorge um die Familie nicht abnehmen kann. Bevorzugte Kinder, allmächtige Entscheidungen, da kommt das richtige Familiengefühl für mich nicht auf. Die Mutter, die im Hintergrund die Entscheidungen des Vaters wieder ins rechte Licht rückt, ist dabei auch nur wenig hilfreich. Wirklich nette Eigenschaften an den Kindern lernt man auch nicht kennen. Jedoch -  

darum dürfte es auch gar nicht gehen, wenn man den Titel betrachtet: Familienlexikon.  

Von einem Lexikon erwartet niemand Gefühl und liebevolle Eigenschaften. Es geht dabei um Begriffe, Kontexte, Geschehnisse, diese werden festgehalten, eher journalistische Blickwinkel werden da erwartet und dieser Erwartungshaltung trägt die Autorin Rechnung. Die auserwählten Facetten sind sehr ausdrucksstark und charakteristisch. Repräsentative Familiengeschichten findet man hier, die Geschichten, die jede Familie hat, die, die zum Augenrollen führen: Nicht schon wieder, das weiss doch mittlerweile jeder’. Hier ist eine gute Reduktion gelungen.  

Dabei beeindruckte mich auch der Einblick in die italienische politisch-industrielle Welt, die dann doch ganz anders ist, als die deutsche, die ich bisher durch Romane und Erzählungen kennen gelernt hatte. Lockerer, nicht so verbissen und trotzdem teilweise genauso elend.

Welche Textversion oder Kürzung dem Hörbuch zu Grunde liegt, kann ich nicht beurteilen. Angaben sind nicht enthalten, das Buch hatte ich nicht zur Hand.  

Cornelia Froboess ist die Sprecherin dieses Hörbuchs. Sie macht ihre Sache sehr gut. Frisch, nicht ohne Ironie, bestens betont und mit viel Charme liest sie die Passagen, so dass die Familienmitglieder mehr Leben bekommen, als die schlichten Worte und der Stil es erwarten lassen dürften. Ihre charakteristische Klangfärbung erscheint mir wie gemacht, für diese etwas merkwürdige Familie.  

Dieses Hörbuch bot mir spannende Einblicke in eine Familie, deren Wesensart mir bisher vollkommen fremd war. Das Bild der Epoche, in der meine eigenen Eltern aufwuchsen, wurde ein Stückchen weiter komplettiert. (Binchen im Januar 2005)

[Home] [Rezensionen] [Neuigkeiten] [Infos zum Hörbuch] [Sprecher-Info] [Specials]
[Tipp des Monats] [Dykes Ohrenleser-Tipps] [Diskussionsforum] [Chat] [Gästebuch] [Links]
[Über mich] [Pressespiegel] [AGB] [Impressum/Kontakt] [Disclaimer]
© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 23.01.2005, letzte Änderung am 03.02.2005, Layout by abrakan