Rezension |
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Inhalt: Alles
beginnt damit, das der kleine William, zehn Jahre alt, der eigentlich keine
Lust zum Lesen hat, krank wird. Um ihn bei Laune zu halten, liest ihm sein
Vater ein Buch vor. Die Brautprinzessin. Dieses Buch wird von Stund an
sein Lieblingsbuch und für Williams Sucht nach Lesestoff ist der
Grundstein gelegt. Er wird sogar Schriftsteller und Drehbuchautor,
heiratet und bekommt selbst einen Sohn. Als
der 10 Jahre alt wird, was liegt da näher, als ihm DAS Buch zu schenken.
Aber, die Zeiten ändern sich, das Buch ist nur noch unter Schwierigkeiten
antiquarisch zu bekommen und der Erfolg des Geschenks ist nur mäßig. Der
Sohn kann sich für das Buch nicht begeistern. Um
das verstehen zu können, liest William das Buch zum ersten Mal selbst und
stellt fest, dass sein Vater einige Kürzungen vorgenommen hatte. Um seinem Sohn die Faszination an der Geschichte
zu vermitteln lässt William einen anderen Auftrag auf Eis legen und
beginnt seine Version: Die
Brautprinzessin. S. Morgensterns Erzählung von wahrer Liebe und edlen
Abenteuern. Die Ausgabe der spannenden Teile gekürzt und bearbeitet von
William Goldman. Die
eigentliche Geschichte ist die von Butterblume und Wesley. Butterblume ist
ein hübsches, leicht verlottertes Mädchen. Erst spät erkennt sie, dass
der Stalljunge ein attraktiver Bursche ist. In Wahrheit ist sie natürlich
eifersüchtig, als sich eine adlige Dame für ihn interessiert, aber das
verrät uns nur William in einem Einschub und das muss niemand dem
Stalljungen verraten. Von da an kennt Butterblume auch seinen Namen:
Wesley. Der ist schon lange in Butterblume verliebt, glaubt jedoch, dass
er erst einmal Reichtümer für seine Schöne anhäufen muss und begibt
sich auf den Weg nach Amerika um sie später in ein gemachtes Nest
nachzuholen. In
der Zeit zu Hause setzt Butterblume alles daran, die schönste Frau der
Welt zu werden. Da erreicht sie die Nachricht, das Wesleys Schiff mit Mann
und Maus einem berüchtigten Piraten zum Opfer gefallen ist. Das bricht
Butterblumes Herz, lässt sie fast sterben, aber auch durch die Abmagerung
zu vollster Schönheit erblühen. Nur
lieben kann sie nicht mehr. Auf der Suche nach einer schönen Braut
erreicht Prinz Humperdinck die Kunde von der Schönheit Butterblumes.
Diese ist auch zur Heirat mit ihm bereit, als sie vor die Wahl gestellt
wird: Heirate mich, oder stirb. Kurz vor der Hochzeit wird sie von
einem ominösen Trio entführt. Ein Sizilianer, ein Fechtkünstler und ein
Meisterringer schüchtern Butterblume dermaßen ein, dass sie nicht zu
fliehen wagt. Alle vier werden von einem geheimnisvollen Mann in
Schwarz verfolgt. Der besiegt nacheinander den Schwertkämpfer Inigo, den
Ringer Fezzig und sogar den superschlauen Sizilianer. Nur an Butterblume
scheitert er. Als es dieser gelingt, den Schwarzen die Klippen hinunter zu
stoßen, erkennt sie, nur einen Bruchteil einer Minute (es dauert
wirklich so lange) zu spät, dass es
ihr Wesley ist. Unter Schwierigkeiten gelingt Beiden die Rettung und die
Flucht durch unwegsames Gelände, um dann von Humperdinck wieder eingeholt
zu werden. Dies scheint das Schicksal von Butterblume als Prinzessin und
Wesley als totem Mann zu besiegeln, jedoch ist diese Geschichte nicht
umsonst ein Märchen. Es muss doch noch Mittel und Wege für ein glückliches
Ende geben?
Meine Meinung: Genial.
Wer
lebendige, lustige, märchenhafte Geschichten mit einer Wortwahl liebt,
die ihresgleichen sucht, der ist hier genau richtig. S.
Morgenstern ist ein anderes Pseudonym von William Goldman und so wird uns
hier nur das Märchen einer Kürzung aufgetischt, so gut, dass man es
manchmal vergisst. Um diese Idee aufrecht zu erhalten, wird immer wieder
eingestreut, dass es sich bei diesem oder jenem Teil der Geschichte um die
Zusammenfassung des Originals handelt, denn z.B. die xx Seiten des
Kofferpackens, und die xx Seiten der langen Reise mit den Entbehrungen,
die xx Seiten, die sich mit dem Kofferauspacken usw. beschäftigten, seien
für einen jungen Leser nicht wirklich interessant. In diesem Stil wirft
der vermeintlich kürzende Goldman immer wieder Einsprengsel in die
Geschichte. Auch
die Geschichtsbeflissenen hat er in seiner Story berücksichtigt. Seine
diesbezüglichen Einwürfe oder Randbemerkungen haben immer den Aufbau:
*** gab es schon, denn …, und darauf folgt eine ausschweifende Erläuterung
von Phänomenen, die man eigentlich als Erfindung der Neuzeit wähnte. Die
sind natürlich nur mit einem Augenzwinkern zu bewerten, aber das gilt für
die Gesamtgeschichte ja ebenfalls. In
seiner eigenen Geschichte, die von Klein-William erzählt, kommt er
genauso von Hölzchen aufs Stöckchen, wie in der Geschichte selbst. Überall
erläutert, beschreibt und erklärt er, wie jemand von dem man glaubt,
dass er den Faden verloren hätte. Das ist natürlich niemals der Fall. Die
märchenhafte Liebesgeschichte wird durch die ständigen Anmerkungen
schließlich so von jeglichem Schmalz befreit, dass uns sogar die
Wiedervereinigung von Wesley und Butterblume vorenthalten wird, weil sie
ja nichts Neues zu bieten hätte. Denn was haben sich zwei, die sich ewig
nicht gesehen haben und sooooo doll lieben schon zu sagen als Hmpf – und
aachh … ???? – Ich konnte nicht anders als ständig nur zu grinsen. Eine
moderne Wortwahl und eine alte Geschichte. Die Geschichte um Butterblume,
Wesley, Inigo, Fezzig,
den Sizilianer und Prinz Humperdink, ist eine Mantel- und Degengeschichte
mit geschickten Wendungen – und hier ist der einzige Makel – einem
nicht ganz befriedigenden Ende. Oder etwa doch? Schließlich lässt sich Goldman
auch für das Ende einen Trick einfallen. In der Geschichte wird persifliert übertrieben, eingeschoben, gelogen, geliebt und ich musste über die Geschichte ständig lachen oder grinsen. Die Buchversionen von Klett-Cotta sind Sammlerstücke, die letzte Version enthält dann auch noch eine Ergänzung (natürlich ohne den langweiligen Teil: Butterblumes Baby *g* (das * g * ist hier einfach unumgänglich)). Die
Hörbuchversion treibt den Genuss noch ein Stückchen weiter. Jochen
Malmsheimer und Bela B. – genau, der von den Ärzten, lesen die
Geschichte. Bela
B. wird für Goldmans Part eingesetzt. Er ist nicht gerade ein geschulter
Sprecher, aber das ist auch nicht nötig. Schließlich ‚erzählt’ er
von der Entstehungsgeschichte seines Buches und von Geschichten, die das
Leben schrieb. Leicht und sanft ist seine Stimme, er interpretiert die
Passagen und ist damit eine sehr gelungene Besetzung. Die Einleitung,
bildet den Hauptteil seiner Rolle, wer nicht weiß, wohin das ganze Wagnis
führt, und die Textvorlage nicht kennt, der wird sicherlich irgendwann
einmal ungeduldig, wann endlich beginnt denn das Buch selbst? Nur Mut, die
Einleitung währt knapp eine CD lang. Jochen
Malmsheimer berichtet uns von
Butterblumes Schicksal. Lebendig spricht er alle Rollen, selbst die von
Butterblume ist niemals überzogen weibisch, wie manche Männer gerne
Frauenrollen sprechen, und er zeigt so die Bandbreite seines Könnens. In
seinem anderen Leben tritt der gelernte Buchhändler mittlerweile mit
Soloprogrammen auf. Auch seine Homepage kann sich sehen lassen. Sein Stil
passt zu Goldman, als wäre er selbst der Autor. Dabei wirkt er zum Glück
nie übertrieben, sondern trifft immer den richtigen Ton, denn das Buch
kann kaum noch mehr Übertreibungen verkraften, als der Autor schon
hineingeschrieben hat. Nur einen Vorwurf muss man den Produzenten der CDs machen. Das Buch ist so gut umgesetzt worden, es benötigt keinerlei Aufplusterungen. Warum gaukelt man dem Hörer mit 9 CDs einen weit größeren Umfang vor? 420 Minuten passen auch bequem auf sechs oder sieben CDs. Das Machwerk ist eines der Spitzenklasse, das muss nicht künstlich betont werden. Das Zusammenspiel mehrer überragender Geschichte mit einer Starbesetzung ist wirklich gelungen. Wer gute Unterhaltung mit Witz sucht, kommt um die Brautprinzessin nicht herum. (Binchen, im Juni 2004) |
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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt
am 02.09.2004, letzte Änderung am 15.09.2004, Layout by abrakan