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(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze) |
Inhalt:
Der Scheidungsanwalt und zeitgleich überzeugte Junggeselle Clarin verbringt
ein verlängertes Wochenende in seinem Tessiner Ferienhaus. Abends auf der
Terrasse des Bellevue-Hotels lernt er Loos, einen älteren Herrn kennen, mit
dem er am selben Tisch sitzt. Ein verhaltenes Gespräch unter Fremden beginnt. Doch schon bald
verstricken sie sich in einer Unterhaltung über ihre Einstellung zum Leben und die Liebe, die unterschiedlicher
kaum sein könnte. Was harmlos beginnt, nimmt im Verlauf des Gesprächs immer
beängstigendere Züge an. Denn in Loos, der vor einiger Zeit seine Frau verloren hat, macht sich eine immense Verbitterung breit, die
sich droht - scheinbar willkürlich - zu entladen...
Meine Meinung:
Was wie ein Geplänkel unter Fremden beginnt, mündet in einem Gespräch über
Gott und die Welt, die Liebe und das Leben und entlädt sich in einem wahren
Wortgewitter, in dem es - höflich wie gesprochen wird - wenig donnert, aber
heftig blitzt. Kein Wunder, denn so wie das Zusammentreffen warmer und kalter Luft ein
Gewitter erzeugt, so prallen hier zwei Menschen und Weltanschauungen aufeinander, die gänzlich verschieden
temperiert sind: Clarin - der Warmluft gleich, Loos - kühl oder gar erkaltet.
Die Wort-Blitze schlagen zwar lautlos ein, richten deshalb aber nicht weniger Schaden an. Manche treffen
genau und erschüttern die Einstellung des anderen. Dabei bleiben Clarin und Loos sehr höflich und - das haben
sie eindeutig Markus Werner zu verdanken - sehr wortgewandt. Doch diese Vertraulichkeit ist letztendlich Fehl
am Platz. Denn der eine hat längst mit seiner Einstellung dem anderen große Verletzungen zugefügt. Und als
die beiden durch sind, ist es der Hörer noch lange nicht. Kaum sind die letzten
Worte verhallt, möchte man, beinahe zwanghaft, von vorne beginnen. Zu viele
Sätze scheinen überdenkenswert und zu vieles erscheint nach dem Ende in einem anderen Licht.
So könnte man meinen, dass sich Markus Werners Werk nicht als Hörbuch eignet. Doch das ist nicht richtig.
Zwar gibt der Sprecher das Tempo vor - anders, als wenn man selbst liest -, dafür aber belohnt er mit einem
auszeichneten Vortrag, der die Atmosphäre lebendig werden lässt: Ein gediegener Sommerabend, eine
Terrasse, süffiger Wein. Die Dialoge sind grandios herübergebracht und Hanspeter Müller-Drossaart setzt
gekonnt Akzente, um die Wirkung des ein oder anderen Satzes zur vollen Entfaltung zu
bringen.
Und derlei Sätze gibt es unzählige. Umspielt von simplen aber perfekt sitzenden Sinnbildern - wie z. B. "der
Versteinerte lebt wetterunabhängiger" - reden sie sich Clarin und Loos in Rage. Markus Werner reizt die
Themen bis ins letzte aus und benutzt dafür seine beiden Figuren. Das gestaltet sich
derart gekonnt, dass man den Autor nur bewundern kann: Für seine tiefen Gedanken und seinen wunderbaren einzigartigen Erzählstil. Die
Sätze allein sind schon ein Genuss. Das Wortgefecht - ob seiner Schärfe - tut ein
Übriges, um dieses Buch zu einem ganz besonderem Erlebnis zu machen. Bewunderung muss man ihm auch für seine karge Figurenwelt
zollen. Den größten Teil der Erzählung bestreiten Clarin und Loos. Nur ganz am Rande
werden wenige Nebenfiguren mit einbezogen. Und doch zeichnet sich das Werk
durch eine enorme Vielschichtigkeit aus.
Bedauert der Hörer am Ende, nicht das Buch gelesen zu haben, um Sätze und
Aussagen auf sich wirken zu lassen, so sei gesagt: Diese Erzählung lädt sowieso dazu ein, sich ihr ein zweites Mal zuzuwenden. Warum
dann nicht einmal als Buch und einmal als Hörbuch? Das wäre zumindest meine persönliche
Wahl: Das Buch, um innehalten zu können, das Hörbuch wegen Hanspeter Müller-Drossaarts grandiosem Vortrag. Ein Vergnügen der
besonderen Art! (Petra)
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